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PML-Risiko höher als bisher gedacht?

Ist das Risiko für Multiple Sklerose Erkrankte, unter Therapie mit Natalizumab eine PML zu entwickeln, höher als bisher gedacht? KKNMS und DGN vermuten dies.

Das Krankheitsbezogene Kompetenznetz Multiple Sklerose (KKNMS) und die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) weisen darauf hin, dass das Risiko, unter Natalizumab eine progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML) zu entwickeln, für Multiple Sklerose Erkrankte möglicherweise höher ist als bisher angenommen. Die bisher angewandten Methoden zur Bewertung des PML-Risikos wie Immunsuppression als Vortherapie, Behandlungsdauer und JCV-Serostatus können zu grundlegenden Fehleinschätzungen führen. Ausschlaggebend, so Wissenschaftler der Universitätsklinik Münster und der Alabama University Birmingham in ihrer Veröffentlichung in der aktuellen Ausgabe von "Neurology" sei das kumulative Risiko.

  • Risiko für Patienten mit Immunsuppression unterschätzt
    So liege die allgemeine Wahrscheinlichkeit, eine PML zu entwickeln, deutlich höher als bisher angenommen bei 4,22 pro tausend Patienten. Das tatsächliche PML-Risiko für Patienten mit einer früheren Immunsuppression sei daher wahrscheinlich höher.
  • JCV (John-Cunningham-Virus)-Serostatus zu unspezifisch
    Die Betrachtung des JCV-Serostatus sei hinsichtlich des PML-Risikos zu wenig spezifisch. Denn nur etwa ein Prozent der JCV-positiven Patienten entwickeln tatsächlich eine PML.
  • Behandlungsdauer nicht aussagekräftig für PML-Risiko
    Ebenfalls kritisch sehen die Autoren die strikte Risikobewertung auf Grundlage der Behandlungsdauer. Der bisher angewandte Algorithmus führe dazu, dass das PML-Risiko unterschätzt werde. Denn er definiert für Patienten, die 48 Monate lang mit Natalizumab behandelt werden, ein genauso hohes Risiko wie für Patienten nach 25-monatiger Behandlung. Das statistische PML-Risiko steige aber mit jeder zusätzlichen Infusion sukzessive an.

Kumulatives PML-Risiko ausschlaggebend

Behandelnde Ärzte sollten sich deshalb bereits vor Therapiebeginn das Risiko für ihre Patienten im Zeitverlauf bewusst machen. Für Erkrankte, die langfristig mit Natalizumab behandelt werden, sollte daher individuell das kumulative PML-Risiko ermittelt werden. Eine Risikobewertung auf Basis kürzerer Behandlungsperioden kann zu falschen Sicherheitsannahmen führen. Regelmäßige und engmaschige Kontrollen von MS-Patienten während der Natalizumab-Therapie sind daher nach wie vor unerlässlich. "Besondere Vorsicht im Sinne einer Virämie des JC-Virus ist geboten, wenn bei regelmäßigen Kontrollen von JCV-Titern bei mit Natalizumab behandelten Patienten plötzlich deutliche Titeranstiege auftreten", sagt Prof. Dr. Ralf Gold, Präsidiumsmitglied der DGN und Vorstandsvorsitzender des KKNMS.

Quelle: Meldung des KKNMS, 20.03.17

 

Redaktion: AMSEL e.V., 22.03.2017