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Plasma-Austausch bei Multiple Sklerose

05.04.07 - Bei einer Subgruppe von MS-Patienten mit schwerem Verlauf spielen Antikörper eine große Rolle. In diesen Fällen kann das Ersatzverfahren helfen, so Prof. Dr. Hans Lassmann.

Mit welchen Tricks das Immunsystem bei MS vorgeht und was man dagegen tun kann, war Thema auf der Jahrestagung der Neurowissenschaftler in Göttingen. Der Deutschlandfunk berichtet:

Hans Lassmann, Leiter des Zentrums für Hirnforschung der Universität Wien, untersucht solche pathologische Proben. Dabei hat er kürzlich eine wichtige Entdeckung gemacht: Manche der Nervengewebe von MS-Patienten enthielten Ablagerungen von Antikörpern. Diese werden von den sogenannten B-Zellen des Immunsystems produziert. Dass bei MS-Patienten das Immunsystem das Nervensystem angreift, wissen Experten schon lange. Allerdings hatten sie bisher ganz andere Zellen in Verdacht. Lassmann:

"Bislang hat man angenommen, dass bei der multiplen Sklerose nur eine einzelne Population von T-Lymphozyten für die Erkrankung verantwortlich ist, die so genannten Th1 -Zellen."

Verschiedene Arten von T-Zellen, B-Zellen und sogar Fresszellen - praktisch das komplette Waffenarsenal des Immunsystem - greift bei der MS das Nervensystem an. Eine Zeitlang kann das Nervensystem die entstandenen Schäden noch reparieren, aber irgendwann spüren die Patienten dann die Ausfälle: Ihr Sehvermögen lässt nach und ihre Bewegungsfähigkeit nimmt immer mehr ab. Durch die Forschung von Medizinern wie Hans Lassmann wird nun deutlich, dass die MS-Patienten sich in verschiedene Untergruppen einteilen lassen, bei denen jeweils eine andere Zellart des Immunsystems für die Schäden am Nervensystem verantwortlich ist. Lassmann:

"Es gibt Multiple-Sklerose-Patienten mit sehr fulminanten und aggressiven Schüben und bei diesen Patienten gibt es wiederum eine Subgruppe, wo Antikörper eine ganz, ganz große Rolle spielen. Und da wurde in einer kürzlich erschienen Studie, die wir gemeinsam mit der Mayo-Klinik gemacht haben, gezeigt, dass solche Patienten auf Plasmaaustausch sehr gut reagieren. Während hingegen andere Patienten mit sehr ähnlicher Klinik aber ganz anderen Krankheitsmechanismen auf Plasmapherese, also Plasmaaustausch, überhaupt nicht ansprechen."

Ein Plasmaaustausch oder eine Plasmapherese ist nichts anderes als eine Blutwäsche. Dabei werden unliebsame Bestandteile aus dem Blut der Patienten herausgefiltert. Und das sind bei dieser speziellen Gruppe von MS-Patienten die Antikörper der B-Zellen. Sind sie einmal weg, können sie dem Nervensystem nicht mehr schaden. Allerdings können die B-Zellen beim nächsten Schub neue gefährliche Antikörper bilden. Lassmann:

"Das ist eine akute Therapie für einen akuten Schub, natürlich ist es so, dass diese Antikörper wieder nachgebildet werden. Das heißt man wird in Zukunft auch eine Therapie machen müssen, die gleichzeitig die B-Lymphozyten ebenfalls dämpft."

So eine Therapie ist bereits in Sicht, denn es gibt einen Wirkstoff, der die B-Zellen des Immunsystems hemmt. Die ersten klinischen Tests an Patienten haben bereits begonnen.

Wikipedia-Definition von "Plasmapherese": Die therapeutische Plasmapherese beschreibt eine Austauschbehandlung, bei der mittels eines Plasmapheresegerätes das patienteneigene Plasma abgefiltert und zeitgleich ersetzt wird durch eine Substitutionslösung, die Elektrolyte, Puffersubstanzen (in der Regel Bikarbonat) und etwa 5 % Albumin oder Frischplasmakonzentrate enthält. Diese Rezeptur simuliert körpereigenes Plasma. Einsatz findet diese Form der Behandlung, die in der Regel von Nephrologen durchgeführt wird, bei Autoimmunerkrankungen, die eine schnelle Elimination der Antikörper bedürfen, da ansonsten schwere Organschäden oder Tod unvermeidbar sind und vitalbedrohlichen Vergiftungen, bei denen das Toxin eine hohe Eiweißbindung aufweist sowie eine pathologische Erhöhung von Plasmaeiweissen mit konsekutiver Viskositätssteigerung mit Auftreten von zentralnervösen Symptomen. War in den ersten Jahren nach Schaffung der technischen Möglichkeiten zur therapeutischen Plasmapherese die Indikationsstellung breit, so sind die nachweislich sinnvollen Einsatzgebiete mit zunehmender Erfahrung heutzutage sehr begrenzt.

Quelle: Deutschlandfunk, 30.03.07

Redaktion: AMSEL e.V., 10.04.2007