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Ocrelizumab bei Multipler Sklerose

Der B-Zell-Wirkstoff ist Interferon beta-1a überlegen in der Reduzierung der Schubrate wie beim Fortschreiten von MS. Das zeigten 2 Phase-III-Studien laut Hersteller.

Der Wirkstoff Ocrelizumab reduzierte in zwei Phase-III-Studien bei multipler Sklerose signifikant sowohl die Schubrate als auch das Fortschreiten der Behinderung, verglichen mit Interferon beta-1a (Rebif®), so Roche. Der Hersteller wird die Daten voraussichtlich zu Beginn 2016 bei den Zulassungsbehörden in Europa und den USA einreichen.

Möglicherweise wird Ocrelizumab das nächste zugelassene Medikament gegen Multiple Sklerose. Unbekannt ist allerdings derzeit noch, ob Ocrelizumab dann auch für milde / moderate MS-Verläufe zugelassen wird oder nur für den (hoch-) aktiven Verlauf. Hier wird die EMA (European Medicines Agency) das Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil genauer betrachten.

Zurück zu den aktuellen Ergebnissen: Roche gab am 30.6. positive Resultate zweier entscheidenden Studien zur Beurteilung des Prüfmedikaments Ocrelizumab, verglichen mit Interferon beta-1a (Rebif®), einer Standardtherapie, bei Patienten mit schubförmiger multipler Sklerose (MS) bekannt. Die Studien (OPERA I und OPERA II) erreichten ihre primären und wichtigsten sekundären Endpunkte.

Vergleich mit Interferon

In beiden Studien reduzierte die Behandlung mit Ocrelizumab über einen Zeitraum von zwei Jahren signifikant die jährliche Schubrate, den primären Endpunkt, verglichen mit Interferon beta-1a. Ocrelizumab reduzierte auch signifikant das mit Hilfe der Beurteilungsskala Expanded Disability Status Scale (EDSS) gemessene Fortschreiten der klinischen Behinderung, verglichen mit Interferon beta-1a.

Außerdem führte die Behandlung mit Ocrelizumab zu einer signifikanten Reduktion der mittels Kernspintomographie (MRT) gemessenen Anzahl der Läsionen (Herde der Krankheitsaktivität) im Gehirn, verglichen mit Interferon beta-1a. Keinen Vergleich gibt es mit potenteren MS-Mitteln wie Natalizumab, Alemtuzumab oder Fingolimod.

Wenig Nebenwirkungen ?

Die Häufigkeit von Nebenwirkungen mit Ocrelizumab war laut Hersteller in beiden Studien insgesamt vergleichbar mit der von Interferon beta-1a. Die häufigsten Nebenwirkungen waren leichte bis mittelschwere infusionsbedingte Reaktionen. Auch die Häufigkeit von schwerwiegenden Nebenwirkungen, einschließlich schwerwiegenden Infektionen, sei bei Ocrelizumab vergleichbar mit der von Interferon beta-1a.

Zurzeit werden weitere Analysen der OPERA-Studien durchgeführt. Genauere Daten werden demnächst auf einem medizinischen Fachkongress vorgestellt, so Roche in seiner Pressemitteilung. Die Resultate einer Phase-III-Studie mit Ocrelizumab bei Patienten mit primär progredienter MS (PPMS), einer anderen Form von MS, werden noch 2015 erwartet. Gerade diese Ergebnisse sind für MS-Betroffene sehr wichtig: Während es ein gutes Dutzende zugelassener Wirkstoffe bei schubförmiger MS gibt, ist bislang nicht ein krankheitsmodifizierender Wirkstoff beim progredienten Verlauf zugelassen.

Über die OPERA-Studien

OPERA I und OPERA II sind weltweite randomisierte, doppelblinde, multizentrische Double-Dummy-Studien der Phase III zur Beurteilung der Wirksamkeit und Sicherheit von Ocrelizumab (600-mg-Dosis verabreicht durch intravenöse Infusion alle 6 Monate), verglichen mit Interferon beta-1a (44-μg-Dosis verabreicht durch subkutane Injektion dreimal wöchentlich) bei Patienten mit schubförmiger MS.

Primärer Endpunkt der OPERA-Studien war die im Prüfplan definierte annualisierte Schubrate (ARR) nach zwei Jahren (96 Wochen). Sekundäre Endpunkte waren die Zeit bis zum Beginn des bestätigten Fortschreitens der Behinderung, die Gesamtzahl der T1-gewichteten Gadolinium-anreichernden Läsionen und die Gesamtzahl von neuen und/oder sich vergrößernden T2-hyperintensen Läsionen, die mittels MRT des Gehirns nachgewiesen wurden.

In die Studien OPERA I und OPERA II wurden insgesamt 1.656 Patienten mit schubförmiger MS (schubförmig-remittierende MS und sekundär progrediente MS mit Schüben) an 307 Studienzentren in 40 Ländern aufgenommen.

Über Ocrelizumab

Ocrelizumab ist ein in der klinischen Prüfung befindlicher humanisierter monoklonaler Antikörper, der selektiv und gezielt gegen CD20-positive B-Zellen gerichtet ist. CD20-positive B-Zellen sind spezielle Immunzellen, die 3/4 vermutlich wesentlich zur Schädigung der Myelinscheide (Isolations- und Stützstruktur von Nervenfasern) und der Axone (Nervenzellfortsätze) und der daraus resultierenden Behinderung bei Patienten mit MS beitragen.

Ocrelizumab bindet an CD20-Oberflächenproteine, die auf bestimmten B-Zellen, nicht jedoch auf Stammzellen oder Plasmazellen, exprimiert werden. Ocrelizumab wirkt immunsuppressiv, doch bleibt die Fähigkeit zur Bildung neuer B-Zellen bei Patienten, die mit Ocrelizumab behandelt werden, erhalten.

Das klinische Entwicklungsprogramm der Phase III für Ocrelizumab umfasst die Studien OPERA I und OPERA II bei Patienten mit schubförmiger MS sowie ORATORIO, eine weltweite randomisierte, doppelblinde, multizentrische, placebokontrollierte Studie bei Patienten mit primär progredienter MS (PPMS). Die Phase-III-Studie bei primär progredienter multipler Sklerose läuft weiter. Ergebnisse sind, wie bereits erwähnt, für 2015 erwartet.

Quelle: Pressemitteilung des Herstellers Roche, 30. Juni 2015.

Redaktion: AMSEL e.V., 02.07.2015