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Nachgehakt: Diabetes-Mittel gegen Multiple Sklerose ?

Hamburger Forscher haben ein Enzym entdeckt, das beim Untergang von Nervenzellen eine zentrale Rolle spielt. Mit einem für die Zuckerkrankheit zugelassenen Medikament ließen sich die Nerven im Mausmodell schützen. - AMSEL Online sprach mit Dr. Manuel A. Friese.

Selbst große Wochenzeitschriften berichten darüber: "Diabetes-Mittel schützt Nervenfasern von Mäusen" titelte diese Woche Spiegel online. Doch was steckt dahinter ? Und was bringt die Entdeckung des Enzyms TRPM4 den Multiple Sklerose-Patienten ? Bei Mäusen ließ sich der Kanal blockieren, wie sieht es beim Menschen aus ? Die AMSEL-Onlineredaktion sprach mit Dr. Manuel A. Friese von der Forschergruppe Neuroimmunologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.

 

Multiple Sklerose und Diabetes: frühere AMSEL.DE-Meldungen:

 

1. Herr Dr. Friese, wie kam es zu der Entdeckung von TRMP4 ?
Dr. Manuel A. Friese: Wir haben seit Längerem systematisch an Ionenkanälen gearbeitet, entdeckten u.a. "ASIC1", der ebenfalls bei MS eine Rolle spielt. TRMP4 hatte das stärkste neuroprotektive Potenzial, darum haben wir diesen Kanal aufgearbeitet.

2. Gibt es bereits Hinweise von Polymorbiden, also Menschen, die sowohl Multiple Sklerose als auch Diabetes haben, dass Gibenclamid bei denen den MS-Verlauf beeinflusst ?
Dr. Manuel A. Friese: Nein, gibt es nicht. Wir haben danach gesucht, doch die Kohorten haben zu wenig Überlappungen mit Typ2-Diabetes. Der betrifft ja auch eher ältere Menschen. Bei Schuppenflechte und MS ist das etwas anderes. Hier führten Überlappungen zur Entdeckung der Fumarsäure auch bei MS.

3. Halten Sie einen Off-Label-Einsatz des Diabetes2-Mittels Gibenclamid bei Multiple Sklerose-Patienten für möglich ?
Dr. Manuel A. Friese: Eher nicht, das wäre verfrüht. Erstens muss man den Einsatz gut kontrollieren, um eine Hyperglukämie zu vermeiden. Und zweitens sind Maus und Mensch nicht 1:1 vergleichbar. Wir wissen bisher nicht, ob die wirkungsvolle Dosierung für den Menschen überhaupt verträglich ist, kennen die Blut-Hirn-Schranken-Gängigkeit nicht, denn bei Diabetes muss das Mittel ja gar nicht ins Zentrale Nervensystem gelangen, bei der MS schon.

4. Wie geht's weiter, was kommt als nächstes ?
Dr. Manuel A. Friese: Zunächst hoffentlich die Entwicklung eines spezifischen Blockers für TRPM4, dann wieder Tierversuche, um Effekte und Pharmakodynamik zu testen, dann klinische Studien am Menschen.

5. Dafür toi, toi, toi ! Und danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben für die AMSEL.DE-Leser.

Redaktion: AMSEL e.V., 21.11.2012