Chronische autoimmune Erkrankungen, die wie die Multiple Sklerose entzündlich verlaufen, sind von den Fettsäuren in unserer Nahrung beeinflusst. Wie genau und welchen Bezug dies zum Mikrobiom unseres Darms hat, entschlüsselte nun eine Kooperationsstudie der Neurologischen Kliniken der Ruhr-Universität Bochum (St. Josef-Hospital) mit der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen.
Die Wissenschaftler fanden jetzt heraus, welche Auswirkungen lang- und kurzkettige Fettsäuren etwa auf die Multiple Sklerose haben. Im Glas wie im experimentellen Modell zeigten die Wissenschaftler, dass langkettige Fettsäuren wie die Laurinsäure entzündliche Zellen in der Darmwand fördern. Im Unterschied zu den kurzkettigen Fettsäuren, vor allem die Propionsäure bzw. deren Salz Propionat, welche die regulatorischen Zellen des Immunsystems in der Darmwand fördern. Regulatorische Zellen dienen dazu, überschießende Entzündungsreaktionen und autoreaktive Zellen, die körpereigenes Gewebe angreifen, zu hemmen.
Ohne Bakterien keine Fettsäurewirkung
Interessant an dieser Entdeckung ist aber auch, dass das Experiment bei keimfreien Tiere fehlschlug. Daraus folgern die Forscher, dass das Mikrobiom, also die Darmflora, direkt mit der Fettsäurewirkung zusammenhängt. Ohne Bakterien keine Fettsäurewirkung.
Doch was ist Propionsäure und in welchen Lebensmitteln kommt sie vor ? - Manche ätherischen Öle enthalten Propionsäure. Außerdem bilden die Clostridien, eine Bakterienart, die auch im menschlichen Darm zuhause ist, diese Säure aus unverdauten Kohlehydraten.
Die Löcher im Käse...
Im Emmentaler zum Beispiel und bei anderen Hartkäsesorten wird sorgen Propionsäurebakterien für die Löcher und das Aroma: Bei der Lochbildung entsteht Propionsäure und Kohlenstoffdioxid. Außerdem entsteht sie noch bei weiteren Gärungs- und Fermentierungsprozessen. Und sie sorgt neben anderen Stoffen wie Buttersäure für unangenehmen Mundgeruch.
Das Mikrobiom im menschlichen Darm beschäftigt, so wie hier, immer häufiger die aktuelle medizinische Forschung nicht zuletzt bei neurologischen Erkrankungen wie Multipler Sklerose. Interaktionen zwischen Darminhalt und Immunsystem sind von unterschiedlichen externen Faktoren beeinflusst. Unser Lebensstil und gewiss unsere Ernährung in den Industrieländern hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Vielleicht nicht immer zu unserem Vorteil.
Immunregulatoren stärken durch Propionat
Die meisten zugelassenen Wirkstoffe gegen MS hemmen die entzündliche Komponenten. Vielleicht, so schließen die deutschen Forscher, könnte man den Erfolg dieser Therapien noch verbessern, indem man Propionat als Add-On einnimmt. Diese Zusatztherapien wollen die Forscher aus Bochum und Erlangen nun entwickeln.
Quelle: Pressemitteilung Ruhr-Universität Bochum, 21.10.2015
Redaktion: AMSEL e.V., 02.11.2015