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Mehr Fisch, weniger MS?

Einer schwedischen MS-Register-Studie zufolge hat Fischkonsum vor und nach der Diagnose Multiple Sklerose einen positiven Einfluss auf den MS-Verlauf.

"Darf's ein bisschen mehr sein?" – Wer diese Frage künftig an der Fischtheke hört, der darf gerne "Ja!" sagen. Fisch ist gesund, das ist schon länger bekannt. Auch, dass Multiple Sklerose in nördlichen Ländern wie Skandinavien zwar häufiger vorkommt als in Ländern näher am Äquator, jedoch wiederum innerhalb dieser Länder an den Küsten, also dort, wo tendenziell mehr Fisch verspeist wird, das MS-Risiko etwas geringer ist. Der Zusammenhang von Fischkonsum und dem Entstehen einer MS war schnell hergestellt.

Fischkonsum wirkt sich günstig auf MS-Verlauf aus

Nun zeigt eine aktuelle Studie aus Schweden, dass ein höherer Fischkonsum auch den Verlauf einer MS drosseln könnte. Dazu untersuchten Stockholmer Forscher Daten aus dem schwedischen MS-Register (Epidemiologic Investigation of Multiple Sclerosis, kurz: EIMS). Sie fragten sowohl den Fischkonsum vor der MS-Diagnose als auch den Fischkonsum danach ab. Und passten die Untergruppen so an, zum Beispiel in puncto Vitamin-D-Level, Alter und Einnahme krankheitsverändernder Wirkstoffe (DMT), dass deren Einfluss auf das Ergebnis herausgerechnet werden konnte.

Am wenigsten Krankheitsprogression zeigten im Schnitt in dieser Studie diejenigen, die sowohl vor als auch nach MS-Diagnose mindestens eine Fischportion wöchentlich zu sich nahmen, und zwar sowohl von fettem Fisch (> 3 % Fett: z.B. Lachs, Makrele, Hering, Forelle) als auch magerem (weniger als 3 % Fett: etwa Kabeljau, Zander). Ganze 34 % weniger Risiko hatten diese Patienten gegenüber der Gruppe mit geringem Fischkonsum, dass sich ihr EDSS-Wert in der Nachbeobachtungszeit um einen Punkt verschlechterte. Das ist signifikant. Und bedeutet für Menschen mit MS: weniger Behinderungen und mehr Lebensqualität.

Ebenso weniger Krankheitsprogression hatten MS-Patienten, die erst nach ihrer Diagnose viel Fisch konsumierten. Insgesamt zeigte sich, dass Fischkonsum und weniger Verschlechterung miteinander korrelierten. Wobei anzumerken ist, dass der Zusammenhang zwar naheliegt, Studien dieser Art, also epidemiologische Studien, jedoch nie einen Beweis liefern können. Es könnte theoretisch immer noch weitere, bislang nicht bekannte Faktoren geben, welche den direkten Zusammenhang aushebeln, das Studienergebnis, hier zugunsten des Fischkonsums, verzerren könnten.

Liegt es wirklich am Fisch?

Exkurs: Um ein, zugegebenermaßen an den Haaren herbeigezogenes Beispiel für einen solchen (thgeoretisch möglichen) Faktor zu nennen: Angenommen, die "Viel-Fisch-Esser" in dieser Studie würden den größten Teil ihres Fisches selbst fangen, die "Wenig-Fisch-Esser" nicht: Dann könnte der Zusammenhang einer milderen MS auch gar nicht mit dem Verzehr von mehr Fisch und günstigerem MS-Verlauf bestehen, sondern einfach damit, dass diese Angler und Fischer von vornherein, aus anderen, noch festzustellenden Gründen, einen milderen Verlauf und darum mehr Kraft und Ausdauer haben, ihren eigenen Fisch zu fangen, und nur zufällig, weil sie eben angeln und fischen, auch mehr Fisch essen. Die Ursache für den milderen Verlauf läge dann nicht im Fischkonsum, sondern woanders. Zwar ist Fischfang in Schweden als Küstennation mit vielen Seen durchaus beliebt; wir gehen jedoch davon aus, dass dort, wie hier in Deutschland, die meisten Fischesser ihren Fisch kaufen und nicht selbst fangen. Wissenschaftler haben einen Begriff für solche Missverhältnisse in Studien: Man spricht von "Bias". Bekannte Bias wie die MS-Therapie, Alter etc. wurden darum hier auch von vornherein im Studiendesign mit berücksichtigt. Bias, die man nicht kennt, kann man auch nicht ausschließen. Sie können ein Studienergebnis bzw. die Schlussfolgerung, die man daraus zieht, verfälschen.

Es könnte also durchaus etwas dran sein, am günstigen Einfluss von höherem Fischkonsum auf den Verlauf der Multiplen Sklerose, was nicht zuletzt die entzündungshemmenden Nährstoffe im Fisch auch nahelegen. Das ist eine gute Nachricht für alle, die sich fragen, was sie noch tun können, um ihre Multiple Sklerose positiv zu beeinflussen, neben der „klassischen“ MS-Therapie (Schubtherapie, symptomatische Therapie und Immunmodulation). Die Antwort ist denkbar einfach: mehr Fisch essen.

Vor allen Dingen zwei Inhaltsstoffe von Fisch machen ihn gesund, gerade im Hinblick auf eine chronisch-entzündliche Erkrankung wie die MS:

  • Omega-3-Fettsäure (Docosahexaensäure, kurz: DHA, eine von insgesamt drei Omega-3-Fettsäuren) und
  • Taurin (eine Aminosäure, die ähnlich wie Omega-3-Fettsäuren entzündungshemmend und antioxidativ wirkt).

Da in der aktuellen Studie auch der Verzehr von fettärmerem Fisch (also zum Beispiel Kabeljau, der weniger Omega-3 enthält) das Risiko für eine Krankheitsverschlechterung nach EDSS reduzierte, kamen die Forscher zu dem Schluss, dass neben der Omega-3-Fettsäure auch Taurin eine wichtige Rolle in Bezug auf die MS spielen könnte.

Geht auch Fisch aus der Dose?

Gerade im Inland ist es oft schwierig bzw. auch teuer, an frischen Fisch heranzukommen. Beruhigend: Auch Tiefkühlfisch, geräucherter Fisch und sogar Dosenfisch enthalten Omega-3-Fettsäuren. Bei Thunfisch wählt man besser den im eigenen Saft, denn die anderen "schwimmen" oft in weniger gutem Pflanzenöl. Und das würde das Verhältnis von guter und schlechter Fettsäure negativ beeinflussen. Bei Sushi sollte man aufpassen: Ein Großteil der Portion besteht hier oft aus Reis, und nicht aus Fisch.

Es wird allgemein empfohlen, das Verhältnis von Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren bei ca. 5:1 zu halten. Da jedoch viele unserer Nahrungsmittel, sogar vermeintlich gesunde Öle wie Sonnenblumenöl, ein sehr schlechtes Omega-6-/Omega-3-Verhältnis aufweisen, vor allem jedoch Fleisch und künstliche Fette wie Triglyceride unsere Blutfettwerte „bedrohen“, kann ein erhöhter Fischkonsum dieses Verhältnis verbessern. Am schnellsten lässt sich das Verhältnis guter zu weniger guten Fetten verändern, wenn man gleichzeitig die weniger gesunden Fette, also tierische Fette wie in Fleisch und Butter sowie künstliche Fette (Triglyceride) reduziert. Und das nicht nur wegen der in dieser Studie festgestellten positiven Wirkung auf die MS, sondern auch den Gefäßen zuliebe (Stichwort Cholesterin).

Und was machen Vegetarier?

Für Flexitarier und Pescetarier ist es gar kein Problem, den Fischkonsum zu erhöhen. Das passt in diese Ernährungsformen hinein. Schlechter gestellt sind da Vegetarier und Veganer. Tatsächlich kommt die Omega-3-Säure aber auch in vielen pflanzlichen Nahrungsmitteln vor. Besonders viel davon steckt zum Beispiel in Walnüssen und in Leinöl.

Die AMSEL-Seite Multiple Sklerose und Ernährung widmet sich ausführlich dem Thema. Dort wird zum einen ganz allgemein erklärt, was wir essen, welche wichtigen Stoffe unser Körper braucht. Es geht also um 

  • Fette, 
  • Eiweiße und 
  • Kohlenhydrate, um 
  • Vitamine, 
  • Mineralstoffe und 
  • Spurenelemente 

und ihre Bedeutung in unserem Essensplan.

Zum anderen widmet sich die Seite aber auch speziell der Ernährung bei MS, also 

  • gesundem Essen, 
  • der Rolle der Darmflora, 
  • anti-entzündlicher Ernährung, 
  • speziellen Diäten, 
  • der Linderung von MS-Symptomen durch angepasste Ernährung sowie 
  • der Ernährung bei Begleiterkrankungen. 

Letzteres kommt schließlich auch vor: Je älter wir werden, desto größer ist die Chance, dass wir neben der MS noch weitere chronische Erkrankungen haben.

Quellen: Multiple Sklerose und Ernährung, amsel.de, abgerufen am 02.04.2025; Journal of Neurology, Neurosurgery & Psychiatry, 25.02.2025.

Redaktion: AMSEL e.V., 01.04.2025