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Konsequenzen für klinische Studien

08.05.06 - Nach den Erfahrungen mit TGN1412 in London stellen Wissenschaftler des Paul-Ehrlich-Institutes mögliche Konsequenzen zur Diskussion.

Wissenschaftler des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) in Langen stellen in der Mai-Ausgabe der Zeitschrift "Nature Biotechnology"mögliche Konsequenzen aus dem Auftreten der tragischen und unerwartet schweren Nebenwirkungen in der TGN1412-Studie in Großbritannien (wir haben berichtet)einer breiten wissenschaftlichen Öffentlichkeit zur Diskussion. Zudem schildern sie die grundsätzliche Problematik bei der Bewertung monoklonaler Antikörper am Beispiel bereits zugelassener Präparate. Schließlich gehen sie auf die Frage ein, unter welchen Bedingungen Präparate an gesunden Probanden oder aber an Patienten, die von der Behandlung möglicherweise auch profitieren, erprobt werden sollen. DasPEIist seit August 2004 für die behördliche Genehmigung klinischer Studien mit monoklonalen Antikörpern (mAk) in Deutschland zuständig.

15 mAk sind derzeit zugelassen oder stehen kurz vor ihrer Einführung. Weitere 150 monoklonale Antikörper befinden sich laut PEI noch in der Entwicklung.

"Wir dürfen auf keinen Fall den Fehler begehen, zukünftig monoklonale Antikörper pauschal als besonders risikoreiche ("high-risk") Produkte einzustufen", soProf.Johannes Löwer, der Präsident des Instituts: "Vielmehr empfehlen wir, vor Eintritt in die klinische Phase drei Kriterien zur Bewertung monoklonaler Antikörper als mehr oder weniger riskante Produkte zu berücksichtigen." Eine Einstufung als "Hochrisiko-mAk"würde eine erweiterte präklinische Entwicklung vor Beginn einer klinischen Studie erfordern. Zudem wäre in diesen Fällen eine Studienphase einzuführen, in der einzelne Prüfungsteilnehmer mit ausreichendem zeitlichem Abstand nacheinander behandelt werden anstatt auf einmal.

Das Paul-Ehrlich-Institut möchte mit dieser Veröffentlichung eine Diskussion zwischen Industrievertretern, Forschern und den für die Genehmigung zuständigen Behörden anregen, um Wege zu finden, die einerseits erlauben, das enorme therapeutische Potenzial der Produktgruppe der monoklonalen Antikörper weiter zu entwickeln und andererseits das Risiko für Personen, die an einer klinischen Studie teilnehmen, auf das geringstmögliche Maß zu reduzieren.

Dieser Forderung schließt sich Alastair Wood von der Vanderbild Universität in Nashville an. Außerdem fordert Wood, dass alle Studien in einem zentralen Register erfasst werden. Dies sei ethisch höher zu bewerten als mögliche Bedenken der Hersteller, die ihre präklinischen Daten vollständig unter Verschluss halten. TeGenero hatte die Folgen der klinischen Studie erst drei Wochen nach ihrem Start und gleichzeitigen Ende bekannt gegeben. Wäre in dieser Zeit eine weitere Studie zu dem Wirkstoff abgewickelt worden, wäre die Zahl der Opfer womöglich noch größer.

Eine solche Datenbank sollte wenigstens für die Zulassungsbehörden einsehbar sein. Mit dem Beginn der klinischen Studien sollten die Protokolle in einer öffentlich zugänglichen Datenbank veröffentlicht werden.

Quelle: Pressemitteilung des Paul-Ehrlich-Instituts (5.5.06), Deutsches Ärzteblatt (8.5.06)

Redaktion: AMSEL e.V., 01.09.2006