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Könnte Toxoplasmose Multiple Sklerose triggern ?

Forscher der Universität California-Riverside erkennen einen möglichen Zusammenhang. Der Parasit erhöht die Glutamatansammlungen und könnte Mit-Ursache für Multiple Sklerose sein.

Eine Infektion mit dem Parasiten Toxoplasma gondii fördert die Ansammlung von Glutamat im Gehirn. Das macht den Parasiten zu einem möglichen Mitauslöser für neurodegenerativen Erkrankungen bei Patienten, die für diese prädisponiert sind. So das Ergebnis einer aktuellen Studie der University of California-Riverside.

 

 

Keine Panik ! Die wenigsten Katzen übertragen Toxoplasmose.

Die Ursachen der Multiplen Sklerose scheinen komplex zu sein. Über 150 Genmutationen wurden bereits identifiziert. Doch die Gene allein machen keine Multiple Sklerose. Es fehlt noch ein (oder mehrere ?) sogenannte Umweltauslöser, also später erworbene Umstände, die, zusammen mit der genetischen Prädisposition, zum Ausbruch einer MS führen.

T. gondii ist ein einzelliger Parasit, der die sogenannte Toxoplasmose verursachen kann. Eine Infektion mit dem Parasiten tritt am häufigsten durch halbgares, kontaminiertes Fleisch oder verseuchtes Wasser auf. Auch nach Kontakt mit Katzenkot können die Parasiten auftreten (wobei meist nur Jungkatzen infektiös sind; ältere Tiere sind nach einer Erstinfektion meist immun).

Rund die Hälfte der Bevölkerung trägt Antikörper gegen T. gondii - die Infektion verläuft meist unbemerkt. Gefährlich wird der Parasit in der Regel nur für Immunschwache und Ungeborene bei Erstinfektion der Mutter. Die aktuelle Studie lässt den Forschern zufolge jedoch darauf schließen, dass eine T. gondii-Infektion außerdem zur Entwicklung von neurodegenerativen Krankheiten beim Menschen führen kann, die dafür prädisponiert sind (also eine genetische Veranlagung dafür tragen, die jedoch allein nicht genügt, um die Krankheit ausbrechen zu lassen).

Zu viel Glutamat schädigt die Nerven

Die Wissenschaftler um Hauptautorin Emma Wilson betrachteten genauer, wie sich eine T. gondii-Infektion bei Mäusen auf die Glutamat-Produktion auswirkt und wie wiederum eine Ansammlung von Glutamat das Gehirn schädigen kann.

Glutamat ist eine Aminosäure und wird durch Nervenzellen oder Neuronen freigesetzt. Es ist einer der im Gehirn am häufigsten vorkommenden erregenden Neurotransmitter: Er hilft bei der Kommunikation zwischen Neuronen.

Wie jedoch vorherige Studien bereits gezeigt haben, kann ein Zuviel an Glutamat zu Schäden führen. Ansammlungen von Glutamat werden häufig bei Patienten mit traumatischer Hirnverletzung und Menschen mit bestimmten neurodegenerativen Erkrankungen wie Multipler Sklerose (MS) und amyotropher Lateralsklerose (ALS) gefunden.

Die Forscher erklären, dass sich überschüssiges Glutamat zunächst außerhalb von Neuronen ansammelt, reguliert von Astrozyten - Zellen im zentralen Nervensystem (ZNS). Diese Astrozyten verwenden den Glutamattransporter GLT-1, um überschüssiges Glutamat von außerhalb der Neuronen zu entfernen und sie in eine weniger schädliche Substanz zu verwandeln: Glutamin, welches die Zellen als Energiequelle nutzen.

Keine Panik, Fleisch abkochen

Wird das Glutamat nicht umgewandelt, kann die Zelle beim nächsten Versuch nicht richtig "feuern" und beginnt abzusterben. Genau hier greift T. gondii ein: Es hemmt GLT-1, indem es die Astrozyten anschwellen lässt und erhöht so die Glutamatansammlung zwischen den Neuronen. Dies könne zu neuronalem Tod und letztendlich zu neurodegenerativen Erkrankungen führen. Die Forscher könnten zeigen, dass mit T. gondii infizierte Mäuse erhöhte Glutamatspiegel hatten.

Die Forscher gaben den infizierten Mäusen ein Antibiotikum (Ceftriaxon), was zu Verbesserungen in Mausmodellen von ALS und einigen ZNS-Verletzungen führte. Das Antibiotikum erhöhte GLT-1, baute somit Glutamat ab und konnte neuronale Funktion wiederherstellen. Der Einfluss von T. gondii nachgewiesen wurde, einen Schlüssel -Neurotransmitter im Gehirn zu stören, wurde so zum ersten Mal gezeigt. Weitere Forschungen sind nötig, um dieses sehr verbreitete Pathogen besser zu verstehen.

Prof. Emma Wilson rät jedoch von Panik ab. Mit dem Parasiten lebe der Mensch schon sehr lange. Um Infektionen zu vermeiden, solle man Fleisch abkochen, Hände und Gemüse gut waschen und während der Schwangerschaft kein Katzenklo reinigen.

Quelle: Pressemitteilung der University of California-Riverside, 09.06.2016

Redaktion: AMSEL e.V., 13.06.2016