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Kanadische Studie verunsichert MS Patienten

Eine Studie aus Kanada zur Langzeitwirkung von Interferonpräparaten hat Multiple Sklerose Patienten verunsichert. Experten bringen mit einer Stellungnahme Klarheit.

Interferonpräparate werden als Standardtherapie bei MS eingesetzt. In der Vergangenheit konnten mehrere Studien zeigen, dass diese Medikamente die Entzündungsaktivität im Zentralen Nervensystem (ZNS) reduzieren. Der Einfluss auf das Fortschreiten der Behinderungen aber, also die Frage, ob mit der Therapie Hilfsmittel wie Rollator oder Rollstuhl vermieden werden können, ist bislang nicht eindeutig positiv oder negativ belegt worden.

Gute Frage, aber schlechte Methodik

Um Antwort auf diese Frage zu finden, haben Wissenschaftler aus Kanada (wir berichteten) Material aus Patientendatenbanken ausgewertet. Sie kamen dabei zu dem Ergebnis, dass eine Interferontherapie das Voranschreiten einer Behinderung nicht bremse. Allerdings, so die Vorstände des Krankheitsbezogenen Kompetenznetzes Multiple Sklerose (KKNMS) und des Ärztlichen Beirats der DMSG, Bundesverband e.V., weist die Studie bei genauerem Hinsehen starke methodische Schwächen auf. Diese Schwäche sehen die Experten in der rückwertigen Auswertung der Daten. "Schwierig ist der Vergleich mit einer Patientengruppe, die möglicherweise einen niedrigeren Entzündungs- und Behinderungsgrad aufweist. Auch der Vergleich mit der unbehandelten Kontrollgruppe ist unpräzise, da unter diesen Patienten einige sein könnten, die sich gar nicht für eine Therapie mit Interferonen eignen", so Prof. Dr. Heinz Wiendl. Methodische Mängel hatte auch der lange in Vancouver tätige Neurologe Prof. Dr. Peter Rieckmann festgestellt (wir berichteten).

Wiendl, Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurologie, Entzündliche Erkrankungen des Nervensystems und Neuroonkologie an der Wesfälischen Wilhelms-Universität Münster, und Sprecher des KKNMS stellt fest: "Aus Sicht des Kompetenznetzes MS, der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und des Ärztlichen Beirats der DMSG ergibt sich aus dieser Arbeit kein Anlass, die gegenwärtige Behandlungs- und Empfehlungspraxis mit Interferonen zu ändern. Wir appellieren daher an alle MS-Patienten, ihre Interferon-Behandlung nicht abzubrechen." Auch für die im Frühjahr erschienene MS-Leitlinie ergäbe sich aus der kanadischen Studie kein Änderungsbedarf, so der Neurologe.

Quelle: Pressemitteilung des KKNMS vom 13. August 2012 und Stellungnahme der Vorstände des KKNMS und der Ärztlichen Beiräte der DMSG

Redaktion: AMSEL e.V., 13.08.2012