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Ist das Gehirn doch direkt mit dem Lymphsystem verbunden ?

Sollte sich dieser Fund der University of Virginia bestätigen, könnte dies erklären, warum bisherige Therapien die Multiple Sklerose nicht stoppen können. Und Optionen für wirksamere Ansätze bieten.

Die fehlende Verbindung zwischen Gehirn und Immunsystem haben Forscher der University of Virginia nach eigenen Angaben gefunden. Bisher nahm man an, dass es keine direkte Verbindung zwischen Gehirn und Lymphsystem gibt. Sehr viele Theorien und ganze Lehrbücher bauen auf diesem Wissen auf. Entsprechend groß ziehen sich die Kreise, wenn diese Meinung revidiert werden muss. Davon wäre auch das Verständnis der Multiplen Sklerose und nicht zuletzt ihre Therapie betroffen.

Zunächst zum Hergang um die erstaunliche Entdeckung der Forscher der School of Medicine. Das Gehirn ist demnach wie jedes andere Körpergewebe mit dem peripheren Immunsystem verbunden und zwar via Lymphbahnen, die allerdings so klein und gut versteckt liegen, dass sie schwer zu finden sind. Sie folgen einem großen Blutgefäß bis zu den Nebenhöhlen.

Neue Therapieoptionen auch für Multiple Sklerose ?

Möglich war die Entdeckung durch eine geeignete Methode, die Hirnhäute von Mäusen zu sezieren, ohne ihre physiologische Struktur zu zerstören. Außerdem arbeiteten die Wissenschaftler um Dr. Antoine Louveau mit Echtzeitbildgebung. Louveau nahm bei seinen Laborarbeiten am Mikroskop gefäßähnliche Strukturen wahr. Diese musste er daraufhin "nur noch" auf Lymphgefäße hin testen. Das Ergebnis war positiv.

Bedeutsam ist die Entdeckung nicht nur, weil in der Tat Lehrbücher umgeschrieben werden müssten, wenn sich die Entdeckung bewahrheitet. Vor allem ist sie bedeutsam, weil sie völlig neue Therapieoptionen für viele neuro-immune Erkrankungen wie Multiple Sklerose aber auch Alzheimer eröffnen könnte.

MS: Lymphbahnen als Weg für fehlgeleitete Immunzellen ?

Bei Alzheimer könnte es sein, dass die typischen großen Proteinklumpen sich deshalb im Gehirn ansammeln, weil diese Gefäße, die sich mit dem Alter verändern, sie nicht mehr korrekt abtransportieren können. Für Multiple Sklerose eröffnet sich eine ganz neue Sichtweise, wenn es neben der Blut-Hirn-Schranke für die fehlgeleiteten körpereigenen Abwehrzellen womöglich einen direkten Weg über diese neu entdeckten Lymphbahnen gibt. Es würde erklären, warum einzelne Wirkstoffe, welche die Blut-Hirn-Schranke dicht machen, die Multiple Sklerose nicht ganz zu stoppen vermögen. Und es würde neue Ansätze bieten für weitere Wirkstoffe.

Das ist bisher reine Spekulation. Sicher jedoch wird diese Entdeckung weitere Forschungen auf verschiedenen Feldern nach sich ziehen.

Quelle: Pressemitteilung der University of Virginia, 01.06.2015; Nature, Structural and functional features of central nervous system lymphatic vessels, 01.06.2015

Redaktion: AMSEL e.V., 02.06.2015