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Ionenkanal blockieren, Nervenzellen retten?

Deutsche Wissenschaftler sind auf der Suche nach einem geeigneten Wirkstoff, um Nervengewebe vor den Angriffen einer Multiplen Sklerose zu schützen anstatt die dabei entstehenden Entzündungen zu unterdrücken.

Zwei angesehene deutsche Forschungseinrichtungen haben sich zusammengetan, um einen Wirkstoff zu entwickeln, der einen bestimmten Ionenkanal blockieren kann. Das Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und angewandte Ökologie IME und das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) wollen mit ihrem Vorhaben den ganzen Weg gehen von der Grundlagenforschung bis zur Anwendung in der Klinik.

Ionenkanäle sind die Türsteher an der Zelldisco

Dabei geht es um den Ionenkanal TRPM4. Im ganzen heißt er Transient receptor potential melastatin 4. Ionenkanäle sind röhrenförmig angeordnete Proteinbündel, die elektrisch geladenen Teilchen den Zugang zu einer Zelle ermöglichen können, genauer sie durch deren Membran ins Zellinnere einschleusen können. Gewissermaßen die Türsteher an der Zelldisco. Blockieren sie, kommt keiner hinein. Beim aktuellen Vorhaben geht es nun darum, diesen einen Ionenkanal, der mit dem Absterben von Nervenzellen bei Multipler Sklerose in Verbindung gebracht wird, künstlich zu blockieren. Somit möchte man die Nervenzellen trotz entzündlicher Vorgänge der MS vor dem Absterben bewahren.

Der Kanal und ein mögliches Mittel, um ihn zu blockieren, wurde bereits 2012 entdeckt. amsel.de hatte über die Mausmodell-Studie berichtet:

Zellschäden bei MS verhindern und Lebensqualität erhalten

Für Patienten mit Multipler Sklerose würde das bedeuten, dass Behinderungen ausbleiben oder weniger stark ausfallen, sie länger selbstständig bleiben könnten und ihre Lebensqualität länger erhalten bliebe. Interessant ist an diesem Ansatz vor allen Dingen, dass es nicht darum geht, die entzündliche Komponente der Multiplen Sklerose zu unterdrücken, wie das bisher bei vielen MS-Medikamenten geschieht, und auch nicht darum, beschädigte Nerven wieder zu regenerieren, woran ebenfalls geforscht wird, sondern darum, die Nervenzellen zu erhalten bzw. den Zellschaden einzugrenzen.

Dafür ist noch einiges an Forschung nötig. Es geht nicht "nur" darum, einen geeigneten Wirkstoff zu finden, um TRPM4 zu blockieren, sondern diese Zielstruktur genauer zu untersuchen, um dann geeignete Mittel zu finden. Aus diesem Grund fördert das Bundesforschung Ministerium das Projekt von UKE und Frauenhofer IME mit 1,2 Millionen €.

Quelle: Fraunhofer IME, 17.06.2020.

Redaktion: AMSEL e.V., 15.07.2020