Spenden und Helfen

Hochdosis-Vitamin-D bei MS: keine Evidenz

Hoch dosierte Vitamin-D-Gabe hat keinen günstigen Einfluss auf den Fortschritt einer Multiplen Sklerose. Zu diesem Schluss kommt eine weitere Add-On-Studie.

Viele Menschen mit Multipler Sklerose wollen sich gern etwas Gutes tun. Wollen mehr als nur eine immunmodulatorische Therapie machen. Möglichst etwas Pflanzliches, etwas mit Vitaminen oder Ernährung als komplementäre, also ergänzende Therapie. Mit möglichst wenig Nebenwirkungen. Das ist verständlich und durchaus nachvollziehbar.

Das Problem: alles, was nicht verschrieben werden muss, unterliegt auch nicht der wissenschaftlichen Wirksamkeitsprüfung. Hier sollten Menschen mit einer chronischen Erkrankung wie der MS besonders vorsichtig sein, denn manche der Maßnahmen erleichtern lediglich ihren Geldbeutel.

Mehr ist nicht immer mehr

Wie oben erwähnt, unterliegen zum Beispiel Nahrungsergänzungsmittel nicht der gleichen wissenschaftlichen Prüfung wie zugelassene Medikamente. Dennoch werden auch sie in Einzelfällen auf ihre Wirksamkeit hin geprüft. So zum Beispiel beim hochdosiertem Vitamin D.

Hierzu ergab bereits 2016 die SOLAR-Studie, bei der die Probanden zusätzlich zu Interferon entweder Vitamin D hoch dosiert oder ein Placebo erhielten, dass dieses "Add-On" (also zusätzlich gegebenes Präparat) keinen Einfluss auf die Entwicklung der Multiplen Sklerose der Patienten hatte.

Zum gleichen Ergebnis kommt nun VIDAMS. Das Studiendesign sieht hier jedoch etwas anders aus. Zum einen nahmen die 172 Patienten Glatirameracetat als bei schubförmiger MS zugelassenem Immunmodulator. Und es gab auch nur zwei Gruppen: eine mit niedrig dosiertem Vitamin D (600 IE je Tag), eine mit hochdosiertem Vitamin D (5.000 IE je Tag). Voraussetzung war ein Vitamin-D-Spiegel von 15 ng/ ml, um solchen Patienten, die aufgrund eines stark erniedrigten Vitamin-D-Spiegels hoch dosiertes Vitamin D tatsächlich benötigen sollten, dies nicht vorzuenthalten.

Abschied von hochdosiertem Vitamin D bei MS

Die Probanden erhielten eingangs, nach der Hälfte der Studienzeit und nach 96 Wochen eine Untersuchung. Es zeigte sich, dass die Gruppe unter hochdosiertem Vitamin D keinerlei Vorteile gegenüber der Gruppe mit niedrig dosiertem Vitamin D hatte. In der Niedrigdosisgruppe war es innerhalb der 96 Wochen bei 34 % zu Schüben gekommen, in der Hochdosisgruppe bei 32 %. Auch bei der Läsionslast anhand von MRT (neue T2-gewichtete Läsionen und Gadolinium-Toxin anreichernde Läsionen) war kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Gruppen zu vermerken.

Diese weitere wissenschaftliche Untersuchung von hochdosiertem Vitamin D bei MS-Patienten erhärtet die Vermutung, dass der Krankheitsverlauf damit nicht beeinflusst werden kann – jedenfalls nicht bei MS-Erkrankten ohne stark erniedrigte Vitamin-D-Level.

Mit dem Risiko, an MS zu erkranken, wird Vitamin D jedoch sehr wohl verbunden: bereits im letzten Jahrhundert hat man festgestellt, dass der Bevölkerungsanteil mit MS wächst, je weiter die Menschen vom Äquator entfernt wohnen. Ein stark erniedrigter Vitamin-D-Wert könnte die Prävalenz für eine MS erhöhen. Ist sie bereits da, dann scheinen hoch dosierte Vitamin-D-Gaben sie nicht zu bremsen.

Ein Vitaminmangel sollte, ganz unabhängig von der MS, dennoch – mit angepasst niedrigen Dosen – angegangen werden. Derzeit spricht das RKI von einem Mangel bei einem Wert 25(OH)D kleiner 20 in ng/ ml. Vitamin-D-Mangel kann zu Problemen mit Knochen und Muskulatur führen, zu Rachitis, Osteomalazie und Osteoporose.

Am besten ist, man versucht viel im Freien zu sein, denn das kurbelt nicht nur die körpereigene Vitamin-D-Produktion an, sondern hat durch die frische Luft, die Strahlwärme der Sonne, etc. noch weitere positive Effekte auf die Gesamtgesundheit. Aufpassen sollten hier allerdings MS-Patienten mit Uhthoff, also hitzeinduzierter Verschlechterung der Symptome. Dann besser im Kühlen bleiben und einen etwaigen Mangel an Vitamin D per Kapsel ausgleichen. Fisch enthält zwar z.B. auch Vitamin D und gehört auch unbedingt auf den Speiseplan, aber man müsste schon sehr viel davon essen, um einen Vitamin-D-Mangel auszugleichen.

Quellen: RKI, abgerufen am 08.05.2023; The Lancet, 13.04.2023.

Redaktion: AMSEL e.V., 08.05.2023