Eigentlich haben HIV und MS nichts miteinander zu tun. Ein möglicher Zusammenhang zwischen dem Humanen Immundefizienz-Virus (HIV) und der Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose (MS) wird jedoch viel diskutiert, vor allen Dingen in Foren, zuletzt auch wieder im AMSEL-Forum.
HIV-Kranke haben weniger oft MS
Verwunderlich scheint schließlich auf den ersten Blick auch die Tatsache, dass Menschen mit HIV etwas seltener an MS erkranken als Menschen ohne HIV. Prof. Mathias Mäurer, Chefarzt der Neurologie am Klinikum Würzburg-Mitte hat eine einfache Erklärung dafür: HIV ist eine schwere Immunsuppression. Daher tun sich Autoimmunerkrankungen schwerer.
Der Rückschluss, dass HIV-Mittel gegen MS helfen könnten, ist jedoch nicht haltbar. Zwar gibt es zur MS die sogenannte "Infektionshypothese", die mit der Entdeckung, dass alle Menschen mit MS auch Antikörper gegen das Epstein-Barr-Virus haben, in der Bevölkerung jedoch "nur" bis zu 98 % diese Antikörper tragen, auch Aufwind erfahren hat (nach einer Untersuchung der Registerdaten der US-amerikanischen Armee; amsel.de hatte 2020 berichtet).
HIV-Mittel helfen nicht bei MS
Jedoch ist das HI-Virus ein RNS-Virus, d. h., seine genetische Information muss im Körper zuerst umgeschrieben werden in DNA, und genau dort setzen HIV-Mittel an: Sie verhindern das Umschreiben. EBV ist dagegen ein Herpesvirus, also ein DNA-Virus. Gegen Multiple Sklerose helfen HIV-Antivirenmittel daher leider nicht.
Doch auch ein Anti-Viren-Mittel gegen EBV als (stark) vermutetem Mitauslöser von MS, wird eine bereits ausgebrochene MS nicht heilen können. Viren wie Antikörper sind längst im Körper. Helfen könnte eine solche EBV-Impfung nur Menschen, die noch nicht mit EBV infiziert sind und dies sind vor allem sehr junge Menschen, wenn man bedenkt, dass viele sich bereits im Kleinkinderalter mit EBV infizieren.
EBV und MS: weiter hinhören
Die Sicherheitsvorschriften einer solchen Impfung wären also entsprechend hoch. Und doch wäre eine EBV-Impfung sehr wünschenswert. Weltweit wird daran geforscht, denn EBV gilt nicht nur als Mitauslöser bei Autoimmunerkrankungen, sondern ist auch ursächlich an bestimmten Tumorerkrankungen beteiligt. Auch die infektiöse Mononukleose im Teenageralter würde man gern verhindern, da sie in einigen Fällen mit schweren Symptomen und teils dauerhaften Einschränkungen einhergeht.
Die Impfstoffentwicklung gegen EBV ist jedoch nicht einfach. Dadurch, dass die Erkrankung aus mehreren Phasen besteht (auf die akute Infektion folgt die latente Phase und daraufhin die lytische Phase) müsste der Impfstoff gegen die Antigene aus allen Phasen von EBV wirksam sein. Eventuell wird die RNA-Technologie dabei helfen, hier passende Impfstoffe zu entwickeln.
Hier "läuft" eine Menge, so Prof. Mäurer. Und bei EBV lohne es sich für Menschen mit Multipler Sklerose auch, weiter hinzuhören. Das Kapitel "HIV und MS" hält er dagegen für abgeschlossen.
Quelle: Video HIV, HIV-Mittel und MS, 14.10.2024.
Redaktion: AMSEL e.V., 14.10.2024