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Hirnverbindung schuld an kognitiven Defiziten bei Multipler Sklerose

Rund die Hälfte aller MS-Betroffenen haben Probleme mit der Konzentration und dem Arbeitsgedächtnis. Schuld ist einer aktuellen Studie nach das verlangsamte kognitive Tempo.

Multiple Sklerose geht oft einher mit Konzentrationsstörungen, Problemen mit der Aufmerksamkeit, dem Gedächtnis und sogar dem Urteilsvermögen. Nun veröffentlichte Ergebnisse zeigen, dass eine verringerte Konnektivität zwischen Netzwerk-spezifischen Hirnregionen schuld ist für das zentrale Defizit bei verschiedenen kognitiven Veränderungen innerhalb der MS: eine verlangsamte kognitive Geschwindigkeit.

Forscher am Zentrum für Brain Health an der University of Texas, Dallas und dem angegliederten Southwestern Medical Center zeigten nun, dass Menschen mit MS schwächere Gehirnverbindungen zwischen dem dorsolateralen präfrontalen Kortex und posterioren Hirnregionen aufweisen im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen.

Die Änderung führt zu einem Zusammenbruch der Kommunikation zwischen dem Teil, der für die Ausführung zielgerichteten Denkens und Handelns zuständig ist und den Regionen des Gehirns, die Aufgaben in Zusammenhang mit der kognitiven Geschwindigkeit wahrnehmen, also zum Beispiel für die visuelle Verarbeitung, Bewegungsausführung und Objekterkennung zuständig sind.

Kognitionsdefizite erschweren den Alltag

Die Forscher gehen davon aus, dass die verminderten Verbindungen bei Multipler Sklerose das Ergebnis einer Abnahme an weißer Substanz sind, welche die Neuronen im Gehirn umgeben. Wichtig festzuhalten bleibt, dass die Forscher aus Texas alle oder die meisten kognitiven Probleme auf diese verlangsamte Verbindung zurückführen (also nicht etwa unterschiedliche Ursachen hinter den einzelnen kognitiven Funktionsstörungen sehen).

An der Intelligenz als solcher ändert dies übrigens nichts. Kognitive Störungen können sich aber dennoch - mitunter sehr negativ - auf den Alltag der Betroffenen auswirken, wenn man zum Beispiel einem Vortrag nicht mehr folgen kann, weil das Arbeitsgedächtnis zu langsam ist. Oder wenn eine Situation nicht schnell genug als wichtig eingestuft und darauf reagiert werden kann.

Studie mit MS-Patienten und Kontrollgruppe

Die amerikanischen Forscher untersuchten 29 Patienten mit schubförmig- remittierender MS und 23 gesunde Kontrollpersonen im passenden Alter und Geschlecht. Ihre Hirnfunktionen wurden mittels funktionalem MRT (fMRT)gemessen, während sie eine kognitive Aufgabe lösten. Hier ging es darum, aus 9 Symbol- und Ziffernpaaren (z.B. + und 3) ein Paar wiederzuerkennen. Dafür waren jeweils 4 Sekunden Zeit.

Das Ergebnis: Sowohl die MS- wie die Kontrollgruppe schnitten gleich gut ab, erkannten also die gezeigten Symbol- und Zahlenpaare wieder. Der Unterschied lag in der Zeit: Die Reaktionszeiten in der MS-Gruppe lagen deutlich höher. Und: Die fMRT-Daten zeigten, dass bei den MS-Patienten schwächere funktionelle Verbindungen mit dem dorsolateralen präfrontalen Kortex bestanden (der Präfrontale Kortex ist ein Bereich seitlich an der Stirn, unterhalb der Stelle, etwa dort, wo der Haaransatz beginnt). Ihre Forschungsergebnisse unterstützten die Notwendigkeit für Therapien, die auf die weiße Substanz zielen, so die Forscher.

Kognition kann man trainieren

Was diese Studie nicht beleuchtet, ist die Tatsache, dass jeder, ob MS-erkrankt oder nicht, seine kognitiven Fähigkeiten trainieren kann. Zum Beispiel mit dem Kognitionstool von AMSEL und DMSG. Voraussetzung ist allerdings, wirklich in Ruhe zu üben, die Aufgaben genau durchzulesen - und sich nicht gleich von den ersten, vielleicht noch bescheidenen Ergebnissen frustrieren zu lassen. Es muss ja noch Spielraum bleiben, sein eigenes Tempo zu steigern.

Redaktion: AMSEL e.V., 09.07.2015