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Harmlose "Myelin-Bakterien" als Auslöser der Multiplen Sklerose?

01.03.10 - Am Mausmodell entwickelten italienische Forscher jedenfalls eine Theorie für diesen Ansatz: Sie steckten ein Protein in eine Art Myelin-Tarnanzug und schickten es danach auf die Reise durch den Körper.

Mit List und Tücke ging das "harmlose" Bakterium vor, das italienische Wissenschaftler eigens fürs Mausmodell designt hatten: Sie veränderten das Mycobaktrium (aus der Gruppe der Tuberkulose-Erreger) fast unmerklich, so dass es der Myelinstruktur im Hirn glich, also der Schicht, welche die Nervenfasern schützen soll. Mit diesem Bakterium infizierten sie die Versuchstiere.

Das Immunsystem ausgetrickst

Nachdem das Immunsystem den Eindringling vermeintlich geschlagen hatte - das heißt im Blut war er nicht mehr nachweisbar - konnten die so angestachelten T-Zellen mit einem Mal die Blut-Hirn-Schranke überwinden. Dort machten sie sich über das tatsächliche Myelin der Nervenfasern her und erzeugten so die schubförmige Tier-MS. Die T-Zellen gingen dem Bakterium gewissermaßen auf den Leim und griffen körpereigenes Gewebe an. Interessant an dieser Bakterienschleuse: Außerhalb des Zentralen Nervensystems läuft die Infektion ohne Krankheitszeichen ab. Innerhalb des ZNS jedoch entstehen sehr große Schäden mit schweren Symptomen.

Die Arbeitsgruppe um Francesco Ria und Giovanni Delogu von der Katholischen Universität Rom, glaubt, damit eine mögliche Ursache für Multiple Sklerose entdeckt zu haben, wenigstens für den "Umweltfaktor" daran. Und es ist den Forschern immerhin gelungen, ihre Theorie im Tierexperiment nachzustellen, also eine grundsätzliche Möglichkeit dieses Ablaufs zu untermauern. Ob bei der menschlichen MS allerdings auch ein Bakterium "mit Schuld" ist oder ganz andere Umweltfaktoren eine Rolle spielen, ist damit natürlich nicht nachgewiesen.

Fraglich bleibt außerdem, welche Konsequenz die Medizin daraus ziehen kann, ob diese Grundlagen möglicherweise eines Tages zu einem Medikament führen würden und wie dies dann aussähe: eine Impfung, die vor der Erkrankung zum Einsatz käme oder gar ein Mittel, das eine bereits bestehende Krankheit stoppen könnte? Bis zu einem getesteten und zugelassenen Wirkstoff würden jedenfalls etliche Jahre vergehen, womöglich ein Jahrzehnt. Bleibt also für die nächste Zeit weiter nichts als ein interessanter Ansatz.

Quelle: Journal of Immunology, Januar 2010

Redaktion: AMSEL e.V., 01.03.2010