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Genetik und Umwelt bei Multipler Sklerose

Deutsche Forscher haben 4 neue Risikogene für MS entdeckt. Das klingt wenig angesichts rund 150 bereits entdeckter Gene, doch geben gerade diese Gene auch einen Hinweis auf mögliche Umweltfaktoren der chronischen Autoimmunerkrankung.

4 neue Risikogene, die bei deutschen Patienten mit Multipler Sklerose (MS) verändert sind. konnten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie und der Technischen Universität München (TUM) identifizieren. Zelluläre Mechanismen, über die Umwelteinflüsse die Regulation von Genen beeinflussen und eine MS entstehen lassen, rücken so in den Fokus der Untersuchungen.

Mehr Verständnis für Entstehung der Multiplen Sklerose

"Alle vier Gene sind wichtig für regulatorische Prozesse in Immunzellen. Interessanterweise stehen sie in Zusammenhang mit epigenetischen Mechanismen. Das sind Lesezeichen im Genom, die durch Umwelteinflüsse gesetzt werden und Gene steuern können", erklärt Prof. Dr. Bernhard Hemmer, Direktor der Neurologischen Klinik und Poliklinik des Klinikums rechts der Isar der TU München sowie Vorstandssprecher des KKNMS. Epigenetische Signale markieren DNA-Abschnitte in menschlichen Zellen und sind entscheidend dafür, welche unserer ca. 20.000 Gene in einer Körperzelle aktiviert werden und welche nicht. Sie werden während des Lebens durch Umwelteinflüsse programmiert, sind also nicht wie die "Grundausstattung der Gene" von Anfang an vorhanden bzw. aktiviert. Und eines der identifizierten Gene - SHMT1 - spielt eine zentrale Rolle für die Methylierung, einen der wichtigsten epigenetischen Regulationsmechanismen.

Die Studienergebnisse erweitern das Verständnis von genetischen Einflüssen auf die Entstehung von MS: Umweltfaktoren können über epigenetische Mechanismen die Aktivität von MS-relevanten Genen verändern. Die Regulation der Methylierung könnte den aktuellen Ergebnissen nach eine Schnittstelle sein, an der genetische und umweltbedingte Risikofaktoren für MS ineinander greifen.

Größte auf eine Land bezogene Gen-MS-Studie

Die Wissenschaftler identifizierten nicht nur 4 neue Risikogene in der deutschen Bevölkerung, sondern bestätigten darüberhinaus auch ein Dutzend bereits aus anderen Studien bekannter Gene. Anstatt eine möglichst große Anzahl an Proben aus unterschiedlichen internationalen Bevölkerungsgruppen zu untersuchen, konzentrierten sich die Wissenschaftler auf eine einzelne Population. Diese deutsche Kohorte war genetisch sehr einheitlich. Das ermöglichte es, Risikogene zu identifizieren, die in den internationalen Studien bisher nicht entdeckt wurden. Mit knapp 5.000 Patienten und über 10.000 gesunden Personen handelt es sich um die bisher größte genetische Studie zu MS in einem einzelnen Land.

Die Arbeit wurde in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Science Advances veröffentlicht. Das Forschungsprojekt wurde durch das Krankheitsbezogene Kompetenznetz Multiple Sklerose (KKNMS) unterstützt.

Quelle: Kompetenznetz Multiple Sklerose (KKNMS), 20.06.2016; Advances Science Magazine, 17.06.2016

Redaktion: AMSEL e.V., 27.06.2016