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Fördert Milch Multiple Sklerose?

Eine aktuelle Studie liefert erste Hinweise. Im Fokus der Bonner Wissenschaftler: "Casein", ein Milchprotein. - Prof. Mathias Mäurer erläutert, was es mit Milch auf sich hat und was die Studie ergab.

Kein rotes Fleisch essen, Salz reduzieren, möglichst nur die "gesunden" Fettsäuren zu sich nehmen – die Liste an Ernährungsempfehlungen für Menschen mit Multipler Sklerose ist lang. Eine aktuelle Studie legt nahe, dass es zudem besser wäre, auf Milch zu verzichten oder wenigstens den Milchkonsum zu reduzieren.

Doch was ist Milch eigentlich? Jahrzehntelang wurde Milch als gesund propagiert, selbst Schokoriegel werben mit ihrem Milchanteil. Freilich, Milch enthält Eiweiße, Vitamine und Mineralstoffe wie Kalzium. Auf der anderen Seite steht eine eher schlechte Ökobilanz der Milch und man kann die genannten Nährstoffe auch anders zu sich nehmen.

Injizierte Milch führt zu neurologischen Symptomen

Eine aktuelle Studie zeigt, dass Milch, zumindest, wenn man sehr viel davon trinkt, negative Auswirkungen auf Autoimmunerkrankungen haben kann, sie womöglich mit auslösen kann. Eine Arbeitsgruppe um die Bonner Wissenschaftlerin Stefanie Kürten hat zu diesem Zweck Milchproteine in Mäuse injiziert.

Nach dieser Form der Einnahme zeigten sich vor allen Dingen bei dem Protein namens Casein milde neurologische Folgen bei den Versuchstieren. Hinzu kamen Veränderungen an der Myelinscheide bei diesen Tieren. Genau das Myelin ist es, welches bei Multiple Sklerose von Immunzellen angegriffen wird. Bei den Mäusen waren jedoch keine Immunzellen an diesen Schadstellen vorhanden, weswegen die Forscher Antikörper hinter den Myelin Schädigungen vermuten.

Studie: Casein kann Kreuzreaktivität mit Myelineiweiß auslösen

Weiterhin fanden sie heraus, dass es eine Kreuzreaktivität zwischen Casein und den Eiweißmolekülen in der Myelinscheide gibt. Kreuzreaktivität heißt, dass sich zwei Moleküle sehr ähnlich sind und der Körper „versehentlich“ das eigene, dem fremden Molekül nur ähnliche Gewebe angreift. Genau das passiert bei Autoimmunerkrankungen. Auch im Blutserum von Multiple Sklerose-Patienten konnten die Forscher eine deutliche Reaktion gegenüber Casein nachweisen.

Nie wieder Cappuccino?

Und was jetzt? Nie wieder Milchschaum auf dem Espresso? Kein Frischkäse, kein Joghurt, womöglich nicht mal mehr Edamerkäse, dessen Propionsäure ja sogar helfen soll bei MS? – Erst einmal gilt: Ruhe bewahren. Tatsächlich berichten zwar einzelne Betroffene, dass sich ihre Symptome nach Milchgenuss verschlechtern. Das mag aber nur bei einer Untergruppe von MS-Betroffenen so sein. Und diejenigen verzichten vermutlich schon länger auf allzu viel Milch. Möglicherweise leiden sie an einer Casein-Allergie (die es nicht nur unter MS-Betroffenen gibt).

Die Studie bezieht sich ausschließlich auf Milch und nicht auf alle Milchprodukte, wenngleich Käse, der Name legt das schon nahe, aus Casein besteht. Wer also bisher nach dem Konsum von Milch oder Milchprodukten keine Symptom-Verschlechterung verspürt, kann sicher in moderatem Maß weiterhin Milch trinken oder Joghurt oder Edamer Käse essen. Wer mag, der kann einfach mal ein paar Tage mit einem Milchersatzprodukt wie Haferdrink testen, ob sich womöglich die Symptome verbessern. Für die Umwelt ist der Konsum von Pflanzenprodukten oft besser als der von tierischen.

Ob und wie stark der Zusammenhang zwischen der Entstehung von Multipler Sklerose und Milch sowie zwischen der Verschlechterung von MS-Symptomen und Milch tatsächlich ist, müssten weitere Studien mit MS Betroffenen zeigen.

Quelle: MS-Docblog, 16. und 18.03.2022.

Redaktion: AMSEL e.V., 18.03.2022