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Ergebnisse der Phase-III-Studie mit Fingolimod bei primär-progredienter MS

Der primär-progressive Verlauf unterscheidet sich in seinem Mechanismus stark vom schubförmigen. Das mag der Grund sein, warum Fingolimod diesen Patienten nicht hilft.

Die schlechte Nachricht vorweg: Der primäre Endpunkt in der Phase-III-Studie zu Fingolimod - die erste "MS-Pille" - bei primär-progredienter Multipler Sklerose (PPMS) wurde nicht erreicht. Damit kann dieser Wirkstoff nicht für die Behandlung der PPMS zugelassen werden. Er bleibt aber weiterhin zugelassen für den schubförmigen Verlauf der MS. PPMS unterscheidet sich von anderen Formen der MS; es gibt bislang keine zugelassene Therapie, die den Verlauf dieser schweren Erkrankung verändern kann.

Die gute Nachricht: Es wird weiter geforscht - von Novartis wie von anderen Herstellern und Instituten, um auch den schleichenden Verlauf der Multiplen Sklerose behandeln zu können. Weltweit forscht die Progressive MS Alliance verstärkt. Erst gestern hatte AMSEL.DE die Nachricht über einen im Tiermodell remyelinisierenden Wirkstoff (Indazol-Chlorid) veröffentlicht, den kalifornische Wissenschaftler gefunden haben. Novartis untersucht unter anderen BAF312 (Siponimod), einen selektiven S1P1- und S1P5-Rezeptor-Modulator der zweiten Generation, in einer Phase-III-Studie zu sekundär-progredienter MS (SPMS) - AMSEL.DE hatte über Siponimod berichtet.

Progressive Multiple Sklerose: verschiedene Signalwege ?

Zurück zu Fingolimod: Novartis gibt bekannt, dass in der Phase-III-Studie INFORMS, die bei primär-progredienter Multipler Sklerose (PPMS) durchgeführt wurde, kein signifikanter Unterschied zwischen Fingolimod und Placebo hinsichtlich einer Kombination von Parametern der Behinderung nachgewiesen werden konnte. Die Ergebnisse bezüglich der Sicherheit der Substanz stimmten mit dem gut dokumentierten Sicherheitsprofil von Fingolimod bei schubförmig-remittierender MS (Relapsing-remitting MS, RRMS) überein.

PPMS ist eine Erkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS), an der etwa 10 % der weltweit 2,3 Millionen Patienten mit MS-Diagnose leiden. PPMS ist eine eigene Krankheitsform, die sich von der schubförmigen MS hinsichtlich des zugrundeliegenden Krankheitsprozesses, des weitgehenden Fehlens akuter Schübe und der geringeren aktiven Läsionslast im MRT unterscheidet.

Man vermutet, dass die schwere, irreversible Schädigung des ZNS bei PPMS über verschiedene Signalwege verursacht wird, was zu einem Verlust von Nervenzellen und mit der Zeit zu einem rascheren, kontinuierlicheren Funktionsverlust führt. Für die Patienten bedeutet dies eine schwerwiegende Beeinträchtigung ihres Lebens. Darüber hinaus wird die Erkrankung in der Regel später als andere Formen der MS diagnostiziert. Zu diesem Zeitpunkt ist dann bereits eine erhebliche Schädigung des ZNS eingetreten.

Wissen über PPMS erweitert

Trotz beträchtlicher Bemühungen in Forschung und Wissenschaft gibt es bis heute keine zugelassenen Therapien, die den Verlauf dieser schweren Erkrankung nachweislich ändern konnten. Die derzeitige Versorgung besteht daher im Wesentlichen aus der Behandlung der Symptome.

"Wir wissen, dass diese Nachricht für die Betroffenen von PPMS und die behandelnden Ärzte sehr enttäuschend ist. Obwohl PPMS im Fokus der MS-Gemeinschaft steht, ist nur relativ wenig über die Erkrankung bekannt. Daher bleibt die Suche nach wirksamen Therapien weiterhin sehr schwierig. Wir werden bei der Prüfung und Auswertung der Ergebnisse von INFORMS aktiv mit der MS-Gemeinschaft zusammenarbeiten, um das Wissen über diese schwere Erkrankung zu erweitern", erklärte Vasant Narasimhan, Global Head of Development bei Novartis Pharmaceuticals.

Die Studie INFORMS basierte auf dem Wissen, dass Fingolimod in das zentrale Nervensystem (ZNS) gelangt und dort mit Zellen in Interaktion treten kann, die Schäden verursachen. Die Hypothese war, dass diese zentrale Wirkung, die bei schubförmig verlaufenden MS-Formen gut untersucht ist, auch bei PPMS relevant sein würde.

Im Gegensatz zu der durchgängig guten Wirksamkeit bei schubförmiger MS deuten die Ergebnisse der Studie INFORMS allerdings darauf hin, dass der PPMS und der schubförmigen MS-Formen unterschiedliche Mechanismen zugrundeliegen. Dies ist bei aller Enttäuschung über die negativen Ergebnisse der INFORMS-Studie ein wichtiger Hinweis für die weitere Suche nach wirksamen Therapien gegen die primär-progrediente Multiple Sklerose.

Details zur INFORMS-Studie

Die Studie INFORMS ist eine doppelblinde, randomisierte, multizentrische, placebokontrollierte Parallelgruppenstudie zum Vergleich der Wirksamkeit und Sicherheit von Fingolimod (0,5 mg) gegenüber Placebo bei Patienten mit primär-progredienter Multipler Sklerose (PPMS). INFORMS ist laut Novartis die größte klinische Studie, die jemals zu PPMS durchgeführt wurde.

Neunhundertsiebzig (970) Patienten im Alter von 25-69 Jahren mit PPMS wurden an 148 Zentren in 18 Ländern, darunter Australien, Belgien, Deutschland, Dänemark, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada, Niederlande, Polen, Schweden, Schweiz, Spanien, Tschechische Republik, Türkei, Ungarn und den USA, in die Studie INFORMS aufgenommen. Die Patienten wurden mindestens drei Jahre behandelt.

Der primäre Endpunkt ist die Bewertung der Wirksamkeit von Fingolimod im Vergleich zu Placebo. Wirksamkeit wird definiert als die Verringerung des Risikos einer nach drei Monaten bestätigten Behinderungsprogression basierend auf einem kombinierten Parameter bestehend aus dem EDSS-Wert (Expanded Disability Status Scale), der Bewertung der Funktion der oberen Extremitäten (Steckbrett-Test 9-HPT) und der Gehgeschwindigkeit (25-foot Timed Walk Test, TWT).

Quelle: Pressemitteilung von Novartis, 01.12.2014

Redaktion: AMSEL e.V., 04.12.2014