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Entzündungen im Gehirn bei Multipler Sklerose sichtbar gemacht

Wissenschaftler der Universität Münster konnten erstmals Entzündungen im Gehirn bei MS-Erkrankten bildgebend nachweisen.

Mit der Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) lassen sich die Folgen einer Entzündung im Gehirn darstellen. Die MRT ist klinisch etabliert und von Bedeutung bei der Diagnose und der Verlaufsbeobachtung. Nun ist es Forschern des Exzellenzclusters "Cells in Motion" (CiM) der Universität Münster erstmals gelungen, auch die Entzündungen selber bildgebend nachzuweisen. In der klinischen Praxis wird das Verfahren bisher nicht angewendet, es ist bisher auf den Einsatz in Studien beschränkt.

MMPs ebnen Immunzellen den Weg

Im Fall des Münsteraner Projekts arbeiteten Experten verschiedener Disziplinen mehrere Jahre lang zusammen. Sie nutzten erstmals bestimmte Enzyme, die Matrix-Metalloproteinasen (MMPs), um die MS-typischen Entzündungen im Gehirn darzustellen. In einer Vorstudie hatten Biologen und Biochemiker festgestellt, dass diese Enzyme eine entscheidende Rolle spielen. Sie hatten Mäuse mit "Experimenteller autoimmuner Enzephalitis", einer Erkrankung, die bei Mäusen einen ähnlichen Verlauf wie die Multiple Sklerose bei Menschen zeigt, untersucht und herausgefunden: MMPs ermöglichen Immunzellen, die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden und ins Gehirn zu wandern, wo sie Entzündungen auslösen.

Um die Enzyme im Organismus zu markieren und in Bildern sichtbar zu machen, entwickelten Nuklearmediziner und Chemiker einen "Spürstoff", im Fachjargon Tracer genannt. Diese chemische Substanz spürt die gesuchten Enzyme im Körper auf und bindet sich an sie. Die Chemiker koppelten einen Fluoreszenz-Farbstoff an den MMP-Tracer, dessen Lichtsignale sich mit optischen Verfahren messen lassen. Über das Tracersignal konnten die Forscher zunächst bei Mäusen auf die Aktivität der Enzyme schließen. Sie stellten fest, dass die Beobachtung der MMPs präzise Informationen darüber liefert, wo Immunzellen die Blut-Hirn-Schranke durchwandern und wo Entzündungen im Gehirn vorkommen.

Erfolgreiche Pilotstudie

Für die Darstellung der Entzündungen im Menschen wandelten die Forscher den Tracer um und hängten statt des Fluoreszenz-Farbstoffs (die Lichtsignale des fluoreszierenden Tracers können die dickeren Gewebeschichten beim Menschen nicht durchdringen) einen radioaktiven Signalgeber an. Dessen Strahlung lässt sich mit einem speziellen Verfahren, der Positronen-Emissions-Tomographie (PET), messen und sichtbar machen.

Nuklearmediziner und Neurologen des münsterschen Exzellenzclusters, die gleichzeitig am Universitätsklinikum tätig sind, führten erste Fallstudien bei Patienten mit Multipler Sklerose durch und stellten fest: Bei Patienten mit akutem MS-Schub reicherte sich der Tracer deutlich an, und zwar schon bevor im betroffenen Bereich mit dem traditionellen Verfahren der Magnet-Resonanz-Tomographie eine Schädigung der Blut-Hirn-Schranke zu sehen war.

Ihre Ergebnisse könnten zukünftig dazu beitragen, bei MS genauere Diagnosen zu stellen und Therapien bessern zu überwachen und zielgerichteter einzusetzen. Bisher handelt es sich bei der Untersuchung aber eine Pilotstudie.

Originalpublikation:
Gerwien H*, Hermann S*, Zhang X, Korpos E, Song J, Kopka K, Faust A, Wenning C, Gross CC, Honold L, Melzer N, Opdenakker G, Wiendl H, Schäfers M*, Sorokin L*. Imaging Matrix Metalloproteinase Activity in Multiple Sclerosis as a Specific Marker of Leukocyte Penetration of the Blood-Brain Barrier. Science Translational Medicine, DOI: 10.1126/scitranslmed.aaf8020 (*equal contribution)

Quelle: Pressemeldung der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster vom 10.11.2016

Redaktion: AMSEL e.V., 10.11.2016