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Engmaschige Blutbildkontrollen unter Dimethylfumarat

Die empfiehlt das Krankheitskompetenznetz Multiple Sklerose (KKNMS) bei der Behandlung mit Dimethylfumarat nun nach einem Todesfall.

Das Krankheitsbezogene Kompetenznetz Multiple Sklerose (KKNMS) empfiehlt in seinem Qualitätshandbuch zu Dimethylfumarat (Handelsname Tecfidera®, landläufig auch "Fumarsäure" genannt) die Kontrolle des großen Blutbilds in einem regelmäßigen Abstand von sechs bis acht Wochen. Der Hersteller selbst empfiehlt bisher grobmaschigere Blutuntersuchungen. Mit engmaschigeren Kontrollen können Leukopenien und Lymphopenien identifiziert werden, die das Risiko für opportunistische Infektionen erhöhen. Dazu zählt die progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML), an deren Folgen nun eine mit Tecfidera® behandelte MS-Patientin verstarb.

Nebenwirkungen frühzeitig und zuverlässig feststelllen

"Der Fall zeigt, wie wichtig es ist, Patienten unter einer Immuntherapie wie Dimethylfumarat engmaschig zu beobachten. Nur so können schwere Nebenwirkungen frühzeitig und zuverlässig festgestellt werden. Aus diesem Grund empfiehlt das KKNMS im ersten Behandlungsjahr eine Bestimmung der Leukozyten- und Lymphozytenzahl im Blut alle sechs bis acht Wochen – eine strengere Überwachung als die in der Fachinformation des Herstellers angegebenen sechsmonatlichen Kontrollen der Leukozytenzahl", so Prof. Ralf Gold, Mitglied des KKNMS-Vorstands und einer der beiden federführenden Autoren des Qualitätshandbuchs Dimethylfumarat.

Werden bei den Untersuchungen Leukopenien unter 3000/μl oder Lymphopenien unter 500/μl festgestellt, rät das Netzwerk zu einem Aussetzen der Medikation. "Gerade bei einer so neuen Immuntherapie wie Dimethylfumarat ist besondere Vorsicht geboten, da die Langzeitwirkung und mögliche Komplikationen noch nicht hinreichend untersucht sind.

Auch regulär behandelte Patienten engmaschig überwachen

Die Herstellerfirma Biogen Idec führt daher momentan eine Erweiterungsstudie (ENDORSE) zur Erforschung der Langzeittherapie durch. Doch auch die regulär behandelten Patienten müssen engmaschig überwacht werden. Hierfür gibt das KKNMS mit seinen Qualitätshandbüchern Neurologen die notwendigen Informationen zur Anwendung des Medikaments in der Praxis an die Hand", erklärt Prof. Bernhard Hemmer, Sprecher des KKNMS.

Die vor wenigen Tagen verstorbene deutsche MS-Patientin wurde im Rahmen von Studien 4,5 Jahre lang mit Dimethylfumarat behandelt. Dabei entwickelte sich eine schwerwiegende und lang anhaltende Lymphopenie, die mehr als 3,5 Jahre bestand, aber als klinisch nicht bedeutsam eingestuft wurde, da die Leukozytenwerte während der gesamten Behandlung über 3000/μl lagen und damit nicht wesentlich erniedrigt waren. Außer der Behandlung mit Tecfidera® gab es keine weiteren Risikofaktoren für die Entwicklung einer PML wie Vortherapie mit Natalizumab, Fingolimod oder Immunsuppressiva und auch keine HIV-Infektion.

Nach neuerlichen neurologischen Symptomen im August 2014, die zunächst als MS-Schub eingeordnet wurden, zeigten Labortests das Vorliegen einer PML. Die Patientin verstarb nach Zunahme der neurologischen Defizite im Oktober 2014 an einer Aspirationspneumonie.

Die Zulassungsstudien zu Dimethylfumarat hatten nicht auf das Risiko einer PML hingedeutet, allerdings waren wurden PML-Fälle unter der Therapie mit anderen Fumaraten beobachtet.

Qualitätshandbücher des KKNMS

Die KKNMS-Qualitätshandbücher sind mit der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), dem Berufsverband Deutscher Neurologen (BDN), dem Berufsverband Deutscher Nervenärzte (BVDN) und dem Ärztlichen Beirat der Patientenorganisation DMSG abgestimmt. Momentan verfügbar sind Qualitätshandbücher zu den MS-Medikamenten Alemtuzumab, Dimethylfumarat, Fingolimod, Mitoxantron, Natalizumab und Teriflunomid sowie zur Schubtherapie und zur Therapie in Spezialsituationen. Diese werden jährlich aktualisiert und können von Ärzten über die kostenlose KKNMS-App für Android und iOS eingesehen oder ebenfalls kostenfrei über sekretariat@kkn-ms.de bestellt werden.

Quelle: Pressemitteilung des KKNMS zur regelmäßigen Blutkontrolle bei Multipler Sklerose unter Dimethylfumarat, 24.10.2014

Redaktion: AMSEL e.V., 24.10.2014