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ECTRIMS 2022 (2) - Schwanger unter B-Zell-Depletion?

Bislang gehen die Anweisungen auf "Nummer sicher" und raten zu strikter Verhütung. Für viele Patientinnen ein Dilemma. Prof. Mathias Mäurer berichtet vom ECTRIMS-Meeting über neue Daten.

Bei einigen MS-Medikamenten wird in den Beipackzetteln davor gewarnt, unter der Therapie schwanger zu werden. Nicht selten wird auch dazu geraten, einen mehrmonatigen oder sogar einjährigen Abstand zur letzten Einnahme zu wahren, bevor man schwanger wird. Dazu zählen vor allem auch neuere Wirkstoffe wie die B-Zell-Depletierer Ocrelizumab und Ofatumumab.

Jetzt könnte man sagen: Schwangere stellen nur eine kleine Subgruppe der MS-Patienten dar. Das stimmt so nicht. Die Mehrzahl der MS-Patienten ist weiblich. Der Beginn der MS gibt häufig zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr und damit in einem Alter, in dem sehr oft Kinderwunsch besteht oder der Kinderwunsch noch nicht abgeschlossen ist. Und man muss hier nicht die tatsächlich schwangeren Frauen anschauen, sondern die, welche einen Kinderwunsch hegen.

Kinderwunsch = Medikamentenverzicht?

Freilich gibt es auch andere Medikamente. Die Anti-CD20-Antikörper zählen jedoch zu den stark wirksamen MS-Therapien bei verhältnismäßig gutem Nebenwirkungsrisiko. Bei aktiveren Verläufen gehören Ocrelizumab und Ofatumumab zu den Mitteln der Wahl. Dazu kommt die Tendenz von "Hit hard and early", also einer möglichst frühzeitigen effizienten Therapie, um möglichst viel Hirngesundheit zu bewahren (amsel.de hat erst kürzlich berichtet). Und es wäre weder im Interesse von Müttern noch Kindern, wenn die MS-kranke Mama auf die bestmögliche Therapie verzichtet und dadurch mehr Behinderungen riskiert.

Mehr Gewissheit, ob und in welchem Trimester bzw. in welchem Abstand zur letzten Einnahme B-Zell-Depletierer Kind oder Mutter tatsächlich schaden können, wäre also dringend nötig. Dem sind verschiedene Studien nachgegangen, deren Ergebnisse nun auf ECTRIMS vorgestellt wurden.

So konnte eine Bochumer Arbeitsgruppe zeigen, dass diese Therapien im ersten Trimester keinen negativen Einfluss auf die Gesundheit des Kindes hatten. Lediglich, wenn der Fötus im zweiten oder dritten Trimester den Mitteln ausgesetzt war, kam es auch beim Kind zu einer vorübergehenden B-Zell-Depletion.

Auch Registerdaten der Firma Roche zeigten, dass Schwangerschaften unter einem B-Zell-Depletierer nicht von diesen beeinflusst wurden. Insbesondere beim Stillen kann Müttern den Daten zufolge Entwarnung gegeben werden: Die per Injektion oder Infusion gegebenen Wirkstoffe gehen oral nur zu einem sehr geringen, der Forschung zufolge zu vernachlässigenden Anteil ins Kind über.

Quelle: MS-Docblog.de, 03.11.2022.

Redaktion: AMSEL e.V., 07.11.2022