Prof. Burkhard Becher arbeitet vor allem an Entzündungserkrankungen und seit über 30 Jahren insbesondere auch an der Multiplen Sklerose. Die Grundlagen und Ursachen der MS zu verstehen, ist einer seiner Forschungsschwerpunkte.
Becher, der 2019 den Sobek Forschungspreis für seine herausragenden Leistungen auf dem Gebiet der MS erhielt, sieht die MS weniger als Autoimmunerkrankung als vielmehr als Misskommunikation unter den Immunzellen. Und versteht es gut, die "Schlausprache" der Forschung in allgemein verständliche Sprache zu übersetzen.
Video zur Grundlagenforschung der Multiplen Sklerose
Immunzellen müssten miteinander reden, um zu funktionieren. Anstatt von Wörtern greifen diese, so der Direktor des Instituts für experimentelle Immunologie an der Uni Zürich, auf Zytokine, also Botenstoffe im Körper, zurück. Diese liefern quasi Sätze und Befehle, welche die Immunzellen dann (fast immer) korrekt ausführen. Wenn die Message der Zytokine falsch verstanden wird, entstünden Krankheiten wie Multiple Sklerose, so Becher. Er ist überzeugt davon, dass ein Erreger wie das Epstein-Barr-Virus (EBV) bei genetisch "geeigneten" Menschen MS auslösen könne, weil es die Sprache des Immunsystems verändert. Es kommt zu fatalen Missverständnissen. Anstatt zum Beispiel "Gehe weiter!" verstehen bestimmte Immunzellen "Friss!" – und fressen dann "aus Versehen" körpereigene Zellen, im Fall von MS Zellen im Zentralen Nervensystem.
Puzzlesteine der Multiplen Sklerose finden
Dass B-Zell-Depletierer (derzeit Ocrelizumab, Ofatumumab und Rutiximab), bestimmte MS-Medikamente also, in einem frühen Stadium sehr gut wirken bei MS, ist ein wichtiger Hinweis. Denn das EBV greift vor allem B-Lymphozyten an.
Ein weiterer wichtiger Puzzlestein, um die MS besser zu verstehen, um sie besser und nebenwirkungsärmer zu behandeln, sei die Schwangerschaft. Denn während sie schwanger sind, erfahren Frauen mit MS einen Schutz vor den MS-typischen Angriffen. Hier möchte Prof. Burkhard Becher weiterforschen. Er ist zuversichtlich, dass man die MS bis zu seinem Ruhestand in zehn Jahren nicht nur besser versteht, sondern, gerade auch im schubfreien Stadium, besser behandeln, vielleicht sogar etwas Reparatur betreiben kann.
Quelle: AMSEL-Videos, 06.01.2025.
Redaktion: AMSEL e.V., 07.01.2025