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Die sichere Multiple Sklerose-Tablette kommt

Zwei groß angelegte Studien attestieren der Fumarsäure / BG12 ihre Wirksamkeit gegen MS. Das Beste: Von dem Fumarat sind keine gefährlichen Nebenwirkungen zu erwarten.

Gestern veröffentlichte das New England Journal of Medicine 2 Studien zu Fumarsäure (Studienname: BG12, Wirkstoffname: Fumarat). 1234 MS-Patienten zwischen 18 und 55 Jahre hatten an DEFINE teilgenommen (Determination of the Efficacy and Safety of Oral Fumarate). Sie erhielten entweder 2 oder 3 Mal täglich 240 mg Fumarat oder aber Plazebo.

Schubrate der Multiplen Sklerose halbiert

Je nach Dosierung lag die Reduktion der Schubrate in den Wirkstoffarmen bei 48 bzw. 53 %. "Wir haben also die Schubrate halbiert – und das bei guter Verträglichkeit und einem exzellenten Sicherheitsprofil", so Prof. Dr. med. Ralf Gold, Direktor der Neurologischen Klinik St. Josef Hospital Klinikum der Ruhr Universität Bochum und Vorstandsmitglied im Ärztlichen Beirat des DMSG-Bundesverbandes.

Schutz für die Nerven

Zudem scheint Fumarsäure nicht nur die Überreaktion des Immunsystems zu bremsen, sondern obendrein Nerven zu schützen. Zum Ende des zweijährigen Studienzeitraumes waren 93 Prozent der Patienten mit zweimal täglich Fumarat BG-12 frei von solchen neuen Läsionen (86 % bei 3 Kapseln täglich). In der Placebogruppe war dies nur bei 62% zu beobachten.

Fumarsäure bei MS sicher

Allan H. Ropper, Neurologe vom Brigham and Women's Hospital in Boston, betont in seinem Kommentar zu den beiden Studien: "Von Fumarat liegen Sicherheitsdaten über zwei Jahrzehnte vor, sodass es nur geringe Bedenken über Langzeitrisiken gibt." Die möglichen Nebenwirkungen sind nicht gefährlich, wie etwa bei Fingolimod, das deshalb schweren Verlaufsformen der Multiplen Sklerose vorbehalten bleibt (als Eskalationstherapie). "Wegen der sehr guten Wirkung und Sicherheit von Fumarat BG-12 hoffen wir auf eine Zulassung durch die europäischen und amerikanischen Behörden im Frühjahr des kommenden Jahres", so Professor Gold.

Auch im Vergleich mit Glatirameracetat - einem bereits zugelassenen zu spritzenden Wirkstoff gegen MS - zeigt Fumarat seine Wirksamkeit. Die Studie CONFIRM (Comparator and an Oral Fumarate in RRMS) verglich Fumarat BG-12 bei 1430 Patienten mit dem immunmodulierenden Glatirameracetat. Fumarat verringerte hier vergleichbar die Schubrate. Und es zeigte ein sicheres Nebenwirkungsprofil.

Erfolgsstory von Fumarsäure beginnt in Deutschland

Prof. Dr. med. Ralf Gold erinnert an die Anfänge, und die liegen 50 Jahre zurück und in Deutschland. Zwei Mediziner, die selbst an Schuppenflechte / Psoriasis litten, der Biochemiker Walter Schweckendieck und der Allgemeinmediziner Günther Schäfer, starteten Selbstversuche, zunächst mit Einreiben von Pflanzen, die Fumarsäure enthalten, später indem sie den Wirkstoff schluckten. - Und siehe da: Es half !

Später, Ende der 1990er, fiel zwei Ärzten an der Uniklinik Bochum, Professor Peter Altmeyer und seinem Neurologie-Kollegen Professor Horst Przuntek, auf, dass sich bei den Psoriasis-Patienten dort, die auch an MS litten, sowohl die Schuppenflechte wie auch die Multiple -Sklerose-Symptome besserten.

Eine erste Studie mit 10 Patienten folgte, dann kaufte Biogen-Idec den Schweizer Hersteller des Fumarsäuresalzes auf. Inzwischen liegen Phase-III-Zulassungsstudienergebnisse vor. - Glück und Expertise kamen zusammen. Noch mehr über die Zufälle lesen Sie in diesem englischsprachigen Beitrag:

Quellen: New England Journal of Medicine, 20.09.2012: 1. Gold, R. et al. Placebo-Controlled Phase 3 Study of Oral BG-12 for Relapsing Multiple Sclerosis. N Engl J Med 2012;367:12, 2. Ropper, Allan H. The "Poison Chair” Treatment for Multiple Sclerosis. N Engl J Med 367, 12; Pressemitteilung der DGN, 20.09.2012

Redaktion: AMSEL e.V., 20.09.2012