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De-Myelinisierung nur ein Mechanismus bei Multipler Sklerose ?

New Yorker Forscher entdecken eine Ursache für den kontinuierlichen Rückgang kognitiver Fähigkeiten wie Erinnern und Konzentrieren. Den Tiermodell-Studien nach zerstören überreagierende Mikroglia im Hippocampus die Synapsenenden, und zwar kontinuierlich. Gute Nachricht: Die Forscher haben bereits Wirkstoffkandidaten im Visier.

Dass die überschießende Immunreaktion bei Multipler Sklerose dazu führt, dass das Myelin abgebaut wird und weiße Substanz verloren geht, ist lange bekannt. Die Erstlinientherapie der schubförmigen MS zielt genau darauf, diese Reaktion zu hemmen, den Mechanismus an der Wurzel zu packen, Schübe zu verhindern und so das Ausmaß der Erkrankung zu verkleinern. Gemessen wird hier häufig die körperliche Leistung, also, Gehstrecke und -Geschwindigkeit, Kraft und ähnliches.

Viele Patienten mit MS beklagen jedoch unabhängig ihrer Therapie eine kontinuierliche Verschlechterung ihrer kognitiven Leistung: etwa Wortfindungsstörungen, mangelnde Konzentration, und schwindendes Erinnerungsvermögen. Im späteren Leben ist dies bei rund 70 % der Fall. Aus diesem Grund suchte ein Forscherteam der University of Rochester Medical Center nach einem weiteren MS-typischen Mechanismus neben der bekannten De-Myelinisierung.

Zu starkes Signal zerstört die Enden der Synapsen

Im Mausmodell wurden sie fündig. Sie konnten zeigen, dass in Gebieten wie dem Hippocampus - diese Hirnregion ist für nicht-motorische Leistungen zuständig - ein weiterer Mechanismus am Werk ist: Mikroglia produzieren bei der Maus-MS, bedingt durch die Überaktivierung des Immunsystems, hier einen Signalstoff namens Plättchen-aktivierender Faktor (PAF) in zu hoher Konzentration. Das bewirkt, dass die Nerven zu starke Signale senden und damit die Synapsenenden zerstören anstatt die Signale weiterzuleiten. Und das wiederum führt zu verlangsamter kognitiver Leistung, denn die Kommunikation zwischen den Nervenenden ist so natürlich behindert.

"Viel zu lange galt MS als eine Krankheit, die den Menschen in seiner Mobilität, dem Sprechen oder beim Sehen beeinträchtigt", sagte Harris Gelbard, MD, Ph.D. der Direktor des Center for Neural Entwicklung und Krankheit des URMC und leitender Autor der Studie: "Jedoch ist der Verlust der kognitiven Unabhängigkeit der Aspekt der Krankheit, den viele Patienten beklagen und hat den größten Einfluss auf ihre Lebensqualität."

Die Forscher untersuchen nun verschiedene Wirkstoffkandidaten, welche die Überaktivitäten der Signale der Mikroglia wie der Nervenzellen selbst hemmen, darunter ein Medikament zur Behandlung HIV-assoziierter neurologischer Erkrankungen.
Unterstützt wurde die Forschung durch Zuschüsse aus dem National Multiple Sclerosis Society und des National Institute of Mental Health.

Quelle: Pressemitteilung der University of Rochester Medical Center (URMC), 26.01.2016

Redaktion: AMSEL e.V., 28.01.2016