Demnächst werden die ersten Generika gegen Multiple Sklerose zugelassen. Für Dimethylfumarat und Fingolimod sollen Nachahmerpräparate auf den Markt kommen.

Von anderen Krankheitsbildern kennt man das längst, und wenn man als Selbstzahler für Schmerzmittel oder Antihistamine eine Apotheke betritt, dann ist nicht selten die Frage nach dem günstigsten Produkt. Der Hintergrund ist der, dass Hersteller eines Originalpräparates ein Patent auf diesen Wirkstoff erhalten. Das Patentrecht erlischt in der Regel nach zwei Jahrzehnten (wovon rund ein Jahrzehnt bereits vor der Zulassung aufgebraucht ist). Längst haben sich eigens Generika-Hersteller gebildet, die ihr Geschäft darauf fokussieren, Wirkstoffe mit abgelaufenen Patent selbst herzustellen und zu vertreiben.

Auch Nachahmerpräparate benötigen Studien

In den vergangenen zehn Jahren kamen einige der 17 momentan zugelassenen Wirkstoffe gegen Multiple Sklerose überhaupt erst auf den Markt, nun folgen die ersten Generika dafür. Generika, Plural für Generikum (lateinisch) steht für die wirkstoffgleiche Kopie. Der Wirkstoff in einem Generikum oder auch Synonym-Präparat muss identisch sein mit dem Wirkstoff des Originalpräparates.

Doch damit nicht genug: auch die Darreichungsform (entweder Tablette oder Spritze oder Infusion etc.) und vor allen Dingen, das Tempo, mit dem der Wirkstoff ins Blut übergeht und in welcher Konzentration und für wie lange er dort verbleibt, muss dem des Originalpräparats entsprechen. Man spricht von der Bio-Äquivalenz. Während der Generikum-Hersteller also keine aufwändigen Wirksamkeitsstudien durchführen muss, muss er doch Studien durchführen, um nachzuweisen, dass es sich nicht nur um den gleichen Wirkstoff handelt, sondern diese auch bioäquivalent ist.

Dasselbe in Grün: gleicher Wirkstoff, andere Verpackung

Weil aber die aufwändigeren Sicherheits-, Wirksamkeits- und Zulassungsstudien wegfallen, kann ein Generikum deutlich günstiger hergestellt werden. Dem Originalhersteller wiederum gewährt man durch die Patentfrist einen gewissen Vorsprung, um seine Mehrkosten an Investitionen zurückzuerhalten.

Gerade verlaufsmodifizierende Wirkstoffe gegen Multiple Sklerose sind gemessen an anderen Wirkstoffen oder Krankheitsbildern sehr teuer (je nach Wirkstoff durchaus 20.000 € und mehr pro Jahr und Patient). Darum entlasten Generika gerade bei MS das Gesundheitssystem deutlich.

Für den Patienten selbst ändert sich eigentlich kaum etwas: Die Verpackung sieht anders aus, hat eine andere Farbe, der Name lautet anders (nicht der des Wirkstoffs, sondern nur der Handelsname). Dennoch ist es für manche Patienten eine enorme Umstellung, auch wenn sich nur diese für die Wirksamkeit völlig irrelevanten Parameter ändern. Wichtig ist in dem Fall, dass ein verschreibender Arzt seine Patienten darauf hinweist, dass sie beim nächsten Gang zur Apotheke eine Schachtel mit anderer Optik erhalten und auch die Tabletten oder Kapseln darin anders aussehen werden. Gleich mehrere Generika-Hersteller bieten etwa Fingolimod zu derzeit sehr unterschiedlichen Preisen an.

Übrigens: Die Neurologie am Klinikum Würzburg Mitte unter der Leitung von MS-Docblog-Autor Prof. Mathias Mäurer ist MS-Zentrum. Das heißt, sie erhielt diese Auszeichnung von der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft dafür, dass Patienten mit MS am KWM Juliusspital von Spezialisten hochwertig und leitliniengerecht beraten und versorgt werden.

Quelle: MS-Docblog, 31.05.2022; Pressemitteilung des Klinikum Würzburg Mitte, 30.05.2022.

Redaktion: AMSEL e.V., 03.06.2022