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Darmbakterium "schuld" an MS?

Warum erkrankt ein Zwilling an MS, der andere nicht? Münchner Forscher haben das Mikrobiom untersucht und wurden fündig. - Prof. Mathias Mäurer berichtet auf MS-Docblog.

Unser Darm "lebt". Längst ist bekannt, dass Billionen Erreger dort zu Hause sind. Zusammengenommen wiegt das Mikrobiom in unserem Darm nur rund 200 Gramm. Dafür enthält es mehr Bakterien, Billionen sollen es sein, als unser gesamter Körper an Zellen hat. Das ist auch gut so, denn diese Erreger verarbeiten Nahrungsteile für uns, spalten sie auf, zum Beispiel in Säuren, die wiederum wichtig sind, für unsere Darmschleimhaut.

Prof. Mathias Mäurer berichtet auf MS-Docblog:

Die Zusammensetzung an Bakterienstämmen unterscheidet sich von Mensch zu Mensch. Und lässt sich mit der Nahrung beeinflussen. Im Darm eines Vegetariers zum Beispiel finden sich in der Regel weniger entzündungsfördernde Bakterien als in dem eines Menschen, der viel Fleisch konsumiert. Jemand, der Essen selbst aus Einzelzutaten zubereitet, viel Frisches verwendet, beim Kochen, hat vermutlich eine "gesündere" Darmflora als jemand, der sich von Tütensuppen und Fertigpizza ernährt.

Zwillingsstudie vergleicht Darmbakterien

Dass das Mikrobiom bei Multipler Sklerose eine Rolle spielt, ist auch nichts ganz Neues. Neu jedoch an der (federführend) von Münchner Forschern publizierten Studie ist, dass sie mit einem besonderen Verfahren bestimmte "MS-Bakterien"ausmachen konnte. Dazu untersuchten die Wissenschaftler mittels rRNA-Sequenzierung die Mikrobiome von 81 besonderen Zwillingspaaren: jeweils ein Zwilling war an MS erkrankt, der andere nicht.

Und es zeigte sich, dass die Zusammensetzung sich vor allem in einer Bakteriengruppe unterschied: den sogenannten Lachnospiraceae (und innerhalb der Gruppe vor allem Eisenbergiella tayi und Lachnoclostridium).

So weit, so gut. Stuhlproben waren auch schon vorher im Hinblick auf MS untersucht worden. Zum Beispiel berichtet Prof. Dr. Anne-Katrin Pröbstel, Sobek-Nachwuchspreisträgerin 2022, im AMSEL-Video über die sogenannte Darm-Hirn-Achse, also den Weg, den schädliche Teile des Immunsystems nehmen, um im Zentralen Nervensystem den eigenen Körper anzugreifen. Doch was ist Henne, was Ei? Könnte nicht die MS selbst das Darmmikrobiom verändern? Man somit gar keinen Einfluss nehmen, auf die MS, zum Beispiel über Ernährung?

Umgekehrter Beweis: MS mit Bakterien auslösen

Was diese Studie weiters von ähnlichen Studien unterscheidet, ist, dass sie auch noch Proben aus dem Dünndarm (genauer: dem Ileum) entnahm. Genau dort nämlich vermutet man krankmachende Interaktionen zwischen den Mikroorganismen und dem Immunsystem.

Diese wiederum setzten sie keimfreien Mäusen ein und die mit den "MS-Bakterien" versetzten Mäuse zeigten daraufhin tatsächlich eher MS-ähnliche Symptome. Außerdem erkrankten weibliche Mäuse häufiger als männliche, also ganz ähnlich wie beim Menschen, wo auf 4 erkrankte Frauen nur etwa 3 erkrankte Männer kommen.

Den Forschungsgruppen der Ludwig-Maximilians-Universität München unter Leitung von Dr. Anneli Peters (auch sie eine Sobek-Nachwuchspreisträgerin: 2017) sind damit wertvolle Nachweise gelungen. Bis diese immunologischen Mechanismen in medizinische Anwendungen münden können, vergeht gewiss noch einiges an Zeit. Sein Mikrobiom "gesund" zu füttern, kann schon heute nicht schaden. Mehr über gesunde Ernährung und wie man "anti-entzündlich" essen kann auf der AMSEL-Seite "Ernährung und MS".

Quellen: MS-Docblog, 06.06.2025; Pressemitteilung der LMU München, 07.05.2025.

Redaktion: AMSEL e.V., 16.06.2025