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Bluttest zur Risiko-Einschätzung von Tysabri

Das KKNMS nimmt Stellung zum Nachweis von Anti-JCV-Antikörpern im Blut zur PML-Risikoabschätzung bei Therapie mit Natalizumab.

Natalizumab (Tysabri®) ist eine sehr wirksame Therapie zur Behandlung der aktiven schubförmigen Multiplen Sklerose, so das KKNMS (Krankheitsbezogenes Kompetenznetz Multiple Sklerose). Allerdings sei das Risiko, unter Natalizumab eine progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML) zu entwickeln, erhöht. Das PML-Risiko steige mit zunehmender Behandlungsdauer an, insbesondere wenn die Behandlung über zwei Jahre hinaus fortgeführt wird (AMSEL.DE hat berichtet).

Weiter heißt es in der Stellungnahme: Das PML-Risiko ist auch bei Patienten erhöht, die vor der Behandlung mit Natalizumab mit einem Immunsuppressivum behandelt wurden. Dieses erhöhte Risiko scheint unabhängig von der Dauer der Natalizumab-Behandlung zu sein. Die EMA hat nun den Nachweis von Anti-JC-Virus Antikörpern als eine dritte Variable zur Einschätzung des individuellen Risikos der Entwicklung einer PML zur Übernahme in die Fachinformation empfohlen:

Der positive Nachweis von Anti-JC-Virus Antikörpern könnte einer von mehreren Faktoren sein, die auf ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer PML unter einer Therapie mit Natalizumab hinweisen. Eine Kohortenuntersuchung zeigte 54% mit positivem JC-Antikörperstatus als Ausdruck einer Infektion mit JCV – 46% der Patienten scheinen somit nicht infiziert zu sein.

Über die Hälfte aller MS-Patienten JCV-positiv

Die Serokonversion des Antikörperstatus von negativ nach positiv beträgt ca. 2% pro Jahr. In dem durchgeführten ELISA-Test beträgt der Anteil für ein falsch-negatives Ergebnis ca. 2,5%. Größere validierte Untersuchungen, insbesondere prospektiver Art, liegen bisher nicht vor.

Das Krankheitsbezogene Kompetenznetz Multiple Sklerose (KKNMS) begrüßt die wissenschaftlichen Aktivitäten zur Risikostratifizierung von MS-Patienten unter Natalizumab. Nach gegenwärtiger Datenlage kann davon ausgegangen werden, dass etwa 50-60% aller MS-Patienten das Virus in sich tragen. Ziel sollte daher sein, diese Blutuntersuchung nur dann anzuwenden, wenn sich aus dem Ergebnis der Testung auch eine Therapiekonsequenz zum Nutzen des Patienten ergibt.

Positiv = erhöhtes PML-Risiko

Ein positiver Befund bedeutet, dass ein erhöhtes PML-Risiko besteht, was aber nicht zwingend eine Therapie mit Natalizumab verbietet. Die einzige Patientengruppe, für die eine klare Empfehlung zur Bestimmung der JCV-Bluttestung besteht, sind Patienten mit vorheriger immunsuppressiver Therapie (z.B. Mitoxantron, Azathioprin; nicht aber Interferon, Glatirameracetat, Kortikoide) und einer Natalizumabbehandlung über einen Zeitraum von mehr als 2 Jahren. Fällt hier die Testung positiv aus, so wird ein Absetzen oder Aussetzen der Behandlung empfohlen. Eine Fortführung der Therapie sollte nur unter strenger Nutzen-Risiko-Abwägung und engmaschigen Kontrollen (Klinik, MRT) erfolgen.

Umgekehrt bedeutet ein negativer Test keinesfalls die Abwesenheit eines Risikos für die Entwicklung einer PML unter Natalizumab, das Risiko erscheint jedoch deutlich niedriger. Bei einem negativen Befund sollte jährlich eine Nachbestimmung erfolgen. Wichtigste Maßnahme bleibt, unabhängig vom Ergebnis des ELISA, die Aufmerksamkeit für auch geringfügige Symptome einer PML aufrechtzuerhalten und im Verdachtsfall die Therapie bis zum Ausschluss einer PML-Erkrankung auszusetzen.

Fazit: Bluttest möglicherweisesinnvolles Werkzeug

Der Bluttest zum Nachweis von Anti-JCV-Antikörpern stellt möglicherweise ein sinnvolles Werkzeug zur PML-Risikostratifzierung von MS-Patienten unter einer Therapie mit Natalizumab dar. Wie bei vielen neu eingeführten medizinischen Testmethoden sollte auch dieses Verfahren im Rahmen groß angelegter Studien weiter untersucht werden, bevor eine sichere Einordnung des Anti-JCV-Antikörperbefundes innerhalb eines differenzierten Risikoalgorithmus möglich ist. Die Konsequenz einer solchen Untersuchung und eines möglichen positiven Befundes sollte im Vorfeld mit dem Patienten besprochen werden.

Quelle: Stellungnahme des KKNMS (Krankheitsbezogenes Kompetenznetz Multiple Sklerose)

Redaktion: AMSEL e.V., 10.05.2011