Spenden und Helfen

B-Zellen und ihre "neue" Rolle im Thymus: MS besser verstehen

Manchmal muss man zuerst auf eine andere Krankheit schauen, um die Multiple Sklerose zu verstehen: Dr. med. Maisam Afzali hat das getan. Er untersuchte die Neuromyelitis Optica. Weil seine Erkenntnisse auch die MS besser verstehen lassen, erhält er in diesem Jahr den Sobek Nachwuchspreis. - Im AMSEL-Video erklärt der Münchner Neurologe, was er herausgefunden hat.

Dr. med. Ali Maisam Afzali gelang der Nachweis, dass B-Zellen bei der NMOSD (Neuromyelitis Optica Spectrum Diseases) im Thymus eine überraschende Rolle übernehmen. Und das wirft ein erhellendes Licht auch auf andere Autoimmunerkrankungen, wie gerade die Multiple Sklerose. Doch eins nach dem anderen. Zunächst ein Ausflug zur Neuromyelitis Optica, dann zum Thymus:

Video mit dem Sobek Nachwuchspreisträger 2024

Dr. med. Ali Afzali findet eine neue Rolle von B-Zellen und damit einen wichtigen Baustein, um die Multiple Sklerose besser zu verstehen und somit besser behandeln zu können.

Neuromyelitis Optica Spectrum Deseases (NMOSD)

Die Neuromyelitis Optica ist eine der Multiplen Sklerose zunächst sehr ähnliche Erkrankung. Vor allen Dingen für die Patienten fühlen sich beide Krankheiten ähnlich an. Es handelt sich ebenfalls um eine

  • chronisch-entzündliche,
  • degenerative Erkrankung des zentralen Nervensystems,
  • die in Schüben verläuft.

Anders als bei der MS

  • bilden sich hier jedoch die Schübe bzw. die Symptome, die mit ihnen kommen, nicht wieder zurück,
  • es sind vor allen Dingen der Sehnerv betroffen und das Rückenmark.
  • Hierin finden sich längliche, auch über mehrere Wirbel verteilte Läsionen.
  • Manche MS-Medikamente helfen, andere verschlechtern sie.

Inzwischen kann man die Neuromyelitis Optica recht gut behandeln (mit den beiden monoklonalen Antikörpern Eculizumab und Satralizumab). Ermöglicht wurde dies, seitdem man die Ursache kennt: Ein Antikörper, der sich gegen Aquaporin4 (einen Wasserkanal) richtet, ist die Ursache für NMOSD (in 80 % der Fälle).

NMOSD ist keine Unterform der MS (das hatte man lange Zeit angenommen), sondern ein eigenständiges Krankheitsbild.

Der Thymus

Die Thymusdrüse ist ein lymphatisches Organ und Teil des Immunsystems. Sie sitzt mittig hinter dem Brustbein und ist für die "Ausbildung" von reifen T-Zellen zuständig. Vorläufer-T-Zellen (aus dem Knochenmark) werden hier "ausgerüstet", um später über die Blutbahn schnell an die Orte zu gelangen, wo Körperfremdes eingedrungen ist und diese Zellen (Erkältungserreger zum Beispiel) zu bekämpfen. Wichtig ist dabei, dass die T-Zellen nicht Körpereigenes angreifen, wie das bei Autoimmunerkrankungen der Fall ist. Daher unterlaufen sie einen Test, den nur 5 % bestehen; der Rest wird eliminiert (wenn alles gut läuft).

Wichtig für das Verständnis der Multiplen Sklerose

Dieses Vorwissen ist nötig, um zu verstehen, warum der Nachweis, der Dr. Ali Afzali gelang, so wichtig ist: Er konnte zeigen, dass auch B-Zellen involviert sind bei der Ausbildung von T-Zellen. Bei der Autoimmunerkrankung NMOSD gelangten fälschlicherweise reife T-Zellen in die Blutbahn, die sich gegen das Eiweiß Aquaporin-4 richten. B-Zellen können helfen, diese T-Zellen auszusortieren.

Übertragen auf die Multiple Sklerose lässt dieses Wissen die MS sowie andere Autoimmunerkrankungen besser verstehen und gibt Hoffnung, sie auch besser und gezielter behandeln zu können. Dass es gerade die Interaktion von Immunzellen ist, die Erkrankungsprozesse entstehen lässt, könnte für das Verständnis der Multiplen Sklerose von großer Wichtigkeit sein. Außerdem gelang es Afzali und seinem Team, ein Modell für Entzündungsprozesse im Nervensystem zu entwickeln, um die NMOSD zu simulieren. Afzali ist überzeugt, dass dies auch übertragbar auf MS ist.

Der Facharzt in Ausbildung sieht am Universitätsklinikum rechts der Isar auch selbst Patienten mit Multipler Sklerose oder NMOSD. Daneben möchte er weiter an den Entstehungsmechanismen von neuro-immunologischen Erkrankungen, an B-Zellen und ganz speziell dem Nervensystem forschen. Ihm geht es darum, MS-Patienten und Patienten mit anderen neurologischen Erkrankungen besser helfen zu können.

Quelle: AMSEL-Videos, 04.12.2024.

Redaktion: AMSEL e.V., 04.12.2024