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Auslöser für Neurodegeneration gefunden?

Mainzer Forscher entdecken einen Mechanismus, der den fortschreitenden Nervenzell-Untergang bei Multipler Sklerose erklären kann. Außerdem fanden sie einen neuen Behandlungsansatz, den sie bereits an Patienten untersuchen.

Bei der Multiplen Sklerose reagiert das Immunsystem über. Nervenzellen werden angegriffen, die Axone, also die Nervenfortsätze nehmen Schaden und schließlich sterben ganze Nervenzellen. Was genau verursacht jedoch diese fortschreitende Neurodegeneration nach einem Schub? - Das haben Forscherteams um Prof. Frauke Zipp, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Neurologie der Universitätsmedizin Mainz, und Prof. Albrecht Stroh vom  Institut für Pathophysiologie, untersucht. Und sie wurden fündig.

Wenn sich der Körper nach einem Schub erholt, kommt es bei Multipler Sklerose häufig zu kognitiven Störungen, Fatigue, Depression und Angst, also zu schubunabhängigen neuropsychologischen Einbußen. In der Interpretation der Mainzer Forscher ein Zeichen  für Neurodegeneration bereits in frühen Phasen der schubförmigen Multiplen Sklerose. In späteren Phasen, das ist bekannt, ist die Neurodegeneration gegenüber der Entzündungsaktivität dominant.

Im MS-Modell konnte das Mainzer Team eine erhöhte Aktivität des Nervenzell-Netzwerks beobachten. Zunächst stelle diese erhöhte Aktivität eine Kompensation dar, schließlich begünstige sie jedoch ein Sterben der Nervenzellen, so der Fund der Neurowissenschaftler der Universitätsmedizin Mainz.

TNF-alpha sorgt für übererregte Nerven

Außerdem fanden sie heraus, dass ein Botenstoff die erhöhte Nervenzellaktivität und darauf folgend auch das Zellsterben auslöst. Dabei handelt es sich um den Tumornekrosefaktor alpha (TNF-alpha). In der untersuchten Phase war die elektrische Aktivität der Nervenzellen vor allem der Großhirnrinde erhöht. Die erhöhte Aktivität geht einher mit gesteigerter Ängstlichkeit.

Im Versuchsmodell unterdrückten die Forscher TNF-alpha und zwar mithilfe eines spezifischen Zytokin-Blockers. Es gelang dem Team außerdem, nachzuweisen, dass die überaktiven Nervenzellen eine erhöhte Wahrscheinlichkeit haben, zu sterben. Professor Frauke Zipp äußert sich positiv: „Diese Erkenntnisse versetzen uns in die Lage, neue therapeutische Ansätze zu entwickeln.“ Derzeit würden Untersuchungen bei Patienten durchgeführt, denn bislang zielten Multiple Sklerose-Medikamente auf das Immunsystem, nicht jedoch auf die Nervenzellen selbst ab.

Quelle:  Nature, 26.09.2018; Pressemitteilung der Universitätsmedizin Mainz, 27.09.2018.

Redaktion: AMSEL e.V., 28.09.2018