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AstraZeneca - ein Auf und Ab

In Deutschland wie in mehreren anderen Ländern ging man auf Nummer sicher und setzte das Impfen mit dem Vektorimpfstoff erst einmal aus. Prof. Mathias Mäurer erklärt im Docblog-Update, wie es dazu kam und warum er den Impfstoff weiter für sicher hält.

Zu wenig Impfstoff, Lieferengpässe, neue Virusvarianten ("Mutationen"), steigende Inzidenzen trotz Lockdowns - die Impfkampagne in Deutschland und anderen Ländern ruckelt arg, und das mitten in einer Pandemie. Besonders um AstraZeneca scharen sich die Negativschlagzeilen und das bleibt, auch wenn es sich später als unwahr herausstellt, genau so im Gedächtnis der Bevölkerung hängen: negativ.

Dahinter steckt eigentlich etwas durchaus Postives, nämlich hohe Sicherheitsanforderungen bei gleichzeitiger Transparenz. Die Erkenntnisse entwickeln sich und jede kleine Wendung wird publik. Eigentlich ein gutes Zeichen, schließlich wollen wir als mündige Bürger Sicherheit und Transparenz. Gerade in einer Pandemie mit im Eiltempo entwickelten Impfstoffen. Auf der Kehrseite der Medaille steht jedoch große Verwirrung allerorten. Zuerst heißt es, über 65-Jährige sollen nicht mit AstraZeneca geimpft werden, dann wieder doch. Und jetzt womöglich gerade die Älteren? 

Transparenz: nötig, aber oft verwirrend

Ein temporärer Impfstopp wurde nun verhängt, weil es in 6 oder 7 Fällen von 1,7 Millionen Geimpften in Deutschland zu Sinusvenenthromosen kam (nicht zu verwechseln mit allgemeinen Thrombosen; die sind deutlich häufiger: hierzu mehr im MS-Docblog-Text) [Anm.d.Red.: Inzwischen, 18.03.2021, 16:36 Uhr, kam es bei mehr Geimpften auch zu mehr Hinrvenenthrombosen]. Dazu muss man grundsätzlich sagen, dass Geimpfte wie Nicht-Geimpfte Krankheiten erleiden, also auch kurz nach einer Impfung erkranken können, je höher die Testpopulation, desto mehr seltene Krankheiten sind auch darunter, logisch, ganz ohne dass ein Zusammenhang mit der Impfung besteht. Das muss also mit dem Impfstoff gar nichts zu tun haben. Kann es aber theoretisch. Vor allem, wenn die Anzahl der Erkrankten möglicherweise höher liegt, als sie im Durchschnitt vorkommt.

Das konnte das Paul-Ehrlich-Institut im Fall von Sinusvenenthrombosen nicht ganz ausschließen und hat daher - sicher ist sicher; andere Länder stoppten schon früher - einen Impfstopp empfohlen trotz Impfstoffmangels und steigender Neuinfektionen. Bis der Impfstoff als Ursache für diese Erkrankungen ausgeschlossen werden kann.

Es ist kompliziert...

Prof. Mathias Mäurer führt an, dass die Häufung der Sinusvenenthrombosen bei den AstraZeneca-Geimpften mit der Auswahl der Impflinge zusammenhängt: Besonders Frauen im Alter zwischen 30 und 50 war betroffen - und genau die - (häufig) weibliches Pflegepersonal im entsprechenden Alter - wurden auch bevorzugt mit AstraZeneca geimpft, da Personen Ü65 ausgeschlossen waren. Sinusvenenthrombosen treten genau in der Gruppe auch ohne Impfung gehäuft auf. Das mag also ein Grund sein, dass diese Fälle auftraten; möglicherweise hat es mit dem Impfstoff gar nichts zu tun.

Dazu kommt, dass die Häufigkeit dieser Art von Thrombosen in der Allgemeinbevölkerung vermutlich höher liegt als die vom Paul-Ehrlich-Institut zugrundegelegte. Möglicherweise - das wird sich später zeigen - hat man AstraZeneca also "umsonst" ausgesetzt. Da man das vorher aber nicht oder nicht sicher weiß und auf keinen Fall versäumen möchte, möglichen Sicherheitbedenken nachzugehen, erfolgte der (vermutlich temporäre) Impfstopp.

Negatives bleibt leichter haften

Es ist also kompliziert. Und leider auch möglich, dass, sollte AstraZeneca wieder zugelassen werden, viele Menschen nur die Negativschlagzeilen dazu im Kopf haben (das zeigte sich auch in AMSEL-Webseminaren und -Expertenchats zum Impfen) und deshalb Abstand nehmen von einer Impfung. Das würde die Impfkampagne sicher noch mehr bremsen als ein zwischenzeitlicher Impfstopp, um auf Nummer Sicher zu gehen.

Quelle: MS-Docblog.de, 18.03.2021.

Redaktion: AMSEL e.V., 18.03.2021