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Anthroposophische Medizin - Die Kraft des Rhythmus

02.01.07 – Stress macht krank, weil Menschen aus dem Rhythmus gebracht sind. Achtsamkeit auf Körperrhythmen hilft, so Meyer.

Tag und Nacht, Ebbe und Flut, Einatmen und Ausatmen - Rhythmus bestimmt das Leben. Auch der Körper hat eine rhythmische Ordnung. Sie ergebe sich daraus, dass Vorgänge, die entgegengesetzter Natur sind – beispielsweise Vorgänge der Oxydation und der Verbrennung, des Substanzaufbaus, der Zellteilung -, zu unterschiedlichen Zeiten stattfinden, weil sich diese Vorgänge sonst gegenseitig behindern würden, erklärt Dr. Frank Meyer, Hausarzt aus Nürnberg. "Rhythmus ist ein Element, das zwischen diesen polarischen Gegensätzen, zwischen aufbauenden und abbauenden Vorgängen vermittelt."

Dissstress bringt aus der Balance

Bei gesunden Menschen sind die rhythmischen Vorgänge ausgeglichen. Dies ist eine Grundlage der anthroposophischen Medizin. Wenn Menschen durch Stress - besser gesagt: Disstress - aus dem Rhythmus, aus der Balance gebracht würden, würden sie krank, meint Meyer. Die Reaktionen auf Stress sind jedoch sehr unterschiedlich. Der Ganzheitsmediziner spricht hier von Stress-Typen: "Wir nehmen unsere Außenwelt oft nur indirekt, durch den Spiegel der inneren Organe wahr. Dadurch erhält eine Situation ihre spezifische emotionale Färbung - je nachdem, ob eine Situation dazu führt, dass "mir das Herz in die Hose rutscht", "mir die Luft wegbleibt", "mir was an die Nieren geht" oder "mir die Galle hochkommt"."

Therapie von Stresspatienten

Dieser organbezogene Umgang mit Stress macht es Meyer in der Praxis leichter, einen Zugang zu Stresspatienten zu bekommen. Diese kommen mit unklaren Beschwerden wie: "Ich habe Angst, ich bin traurig, ich kann nicht schlafen." Auf solche Probleme geht Meyer mit dann gezielten Fragen ein wie: "Wie ist das denn, wenn Sie Angst bekommen? Bleibt Ihnen die Luft weg, oder haben Sie eher Herzklopfen oder ein Kitzeln im Bauch?" Die jeweilige Antwort wiederum ist für den Hausarzt Hinweis, auf welches Organ er sich konzentrieren kann. Behandelt er Patienten mit Naturheilmitteln, geht er organspezifisch vor.

Wichtig für die Therapie von Stresspatienten ist aber vor allem, dass sie wieder in Balance kommen, dass sie ihren gesunden Rhythmus wiederfinden - das ist das anthroposophische Grundverständnis.

Eine von verschiedenen Beschwerden geplagte Powerfrau sagte zu Meyer: ,Ich weiß ganz genau, wo meine Beschwerden herkommen - vom Stress, aber ich kriege dieses Problem schon auch noch in den Griff.‘"

"Für diese Patienten kommt es eben drauf an, lockerzulassen, loszulassen und gerade nicht den Ehrgeiz zu haben, auch das noch in den Griff zu bekommen", erklärt der Nürnberger Hausarzt. "Solche Menschen setzen sich mit der Stressbewältigung oft noch zusätzlich unter Stress."

Der innere Arzt

Meyers Rat an seine Patientin war, Entspannungstechniken zu lernen. Ziel der Entspannung sei, so Meyer, "auf unseren inneren Arzt aufmerksam zu werden, der uns gesund erhält und immer wieder gesund macht - auf unseren Rhythmus."

Am einfachsten zugänglich sei das, indem man die Aufmerksamkeit auf den Atemrhythmus richtet. Denn die Rhythmen des Körpers seien untereinander gekoppelt. Durch die Achtsamkeit auf den Atemrhythmus werde dieser automatisch ruhiger, dadurch werde auch der Herzrhythmus ruhiger. Außerdem normalisierten sich andere zentrale Rhythmen: So werde etwa der Schlaf besser, und die Muskelspannung reguliere sich. Natürlich nur, wenn diese Übungen längere Zeit gemacht werden.

Die Kraft des Rhythmus

Das Wissen um die Kraft des Rhythmus ist so alt wie die Menschheit, so Meyer.
Und neue Forschung habe rhythmische Aktivitäten selbst in Hefezellen nachgewiesen: Alle fünf Stunden schwankte der Sauerstoffverbrauch von Hefezellen im Nährmedium, hätten texanische Forscher im vergangenen Jahr in einer Studie festgestellt, zitiert Meyer aus "Science".

"Rhythmus ist eben die Grundlage allen Lebens."

Quelle: Ärztezeitung

Redaktion: AMSEL e.V., 02.01.2007