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Alternative zu Kortison gesucht

Wissenschaftler der Technischen Universität München sind einen kleinen aber vielleicht entscheidenden Schritt weiter auf dem Weg, den klassischen Entzündungshemmer abzulösen.

Cortison findet sehr viel Anwendung, ob als freiverkäufliche Salbe oder Spray, als Tablette oder Infusion. Seit Mitte des letzten Jahrhunderts ist es kaum wegzudenken aus der Medizin. Und das, obwohl vor allem bei längerem Gebrauch durchaus auch bleibende Nebenwirkungen auftreten können.

Cortison ist sehr potent bei Entzündungen...

Ein Grund für die große Beliebtheit von Cortison trotz seiner möglichen Nebenwirkungen (zum Beispiel höherer Blutdruck oder Osteoporose): Es gibt bis heute schlicht und ergreifend keine ähnlich potente Alternative. Und Cortison erfüllt eine sehr wichtige Funktion, denn es ist in der Lage, sowohl lokal wie im ganzen Körper Entzündungen zu unterdrücken, indem es das überschießende oder fehlgeleitet reagierende Immunsystem bremst. Daher kommt es bei so unterschiedlichen Krankheitsbildern zum Einsatz wie:

  • Multiple Sklerose
  • Morbus Crohn
  • Nasennebenhöhlenentzündungen
  • bestimmte Rheumaformen
  • Schuppenflechte und andere Hauterkrankungen
  • Asthma
  • Allergien

Selbst gegen Covid-19 wird Cortison teilweise eingesetzt. Ein weiterer „Nebenwirkungshaken“ von Cortison ist seine Widersprüchlichkeit: Einerseits hilft es, Entzündungen im Rahmen eines Infektes zum Beispiel zu unterdrücken. Andererseits kann zumindest eine dauerhafte Anwendung von Cortison die Infektanfälligkeit erhöhen.

...wären da nicht die Nebenwirkungen bei dauerhafter Anwendung.

Dosis und Dauer bestimmen bei Cortison wie bei den vielen anderen Anwendungen die Höhe und den Schweregrad der möglichen Nebenwirkungen. Wer wegen einer Nasennebenhöhlenentzündung für eine kurze Zeit ein (niedrig dosiertes) Cortison-Spray lokal anwendet, muss sich kaum sorgen. Anders ist das bei chronischen Erkrankungen, die eine Dauertherapie oder auch immer wiederkehrende wochenlange Therapien mit Cortison erfordern.

Gründe genug, hier nach Alternativen zu forschen. Das passiert auch schon sehr lange, vermutlich, seitdem Cortison auf dem Markt ist. Eine Möglichkeit, um hier neue Therapiewege zu finden, ist, Cortison selbst genau zu untersuchen. Denn so viel weiß man über seine Wirkweise trotz 70 Jahren im Einsatz nicht.

Entzündungsgene finden und ausschalten

Was man weiß: Glucocorticoide binden an einen Glucocorticoid-Rezeptor. Das Steroidhormon Cortisol bilden wir sogar selbst. Es hilft uns beim Aufwachen und wird in Stress-Situationen ausgeschüttet. Und es hilft, den Zucker- und Fetthaushalt zu regeln. Quasi ein "Ausnahmehormon" für spezielle Situationen. Zu den Funktionen von Cortisol gehört auch die Kontrolle der Immunreaktion. Über den Rezeptor lässt sich diese ausschalten und genau das nutzt man oft in der Medizin mit synthetischen Wirkstoffen wie Prednisolon oder Hydrocortison.

Das Team um Henriette Uhlenhaut, Professorin an der Technischen Universität München (TUM) untersuchte die Wirkweise der Glucocorticoide genauer. Und kam zu dem Schluss, dass sich hierbei nicht wie bisher angenommen, lediglich Proteine untereinander beeinflussen und somit Basis für den Effekt der Steroide sind, sondern dass die DNA sehr wohl eine Rolle spielt. Genau dieser Fund, sollte er sich bewahrheiten, hat große Bedeutung bei der Suche nach Alternativen zu Kortison: Jetzt geht es darum, die "Entzündungsgene" herauszufinden, um gezielter Entzündungen unterdrücken zu können, ohne die bekannten Nebenwirkungen des Cortisons. Gerade Patienten mit Multipler Sklerose und viele weitere Chroniker könnten von einer nebenwirkungsfreieren Alternative zu Cortison profitieren.

Quelle: Pressemitteilung der Technischen Universität München, 02.09.2020.

Redaktion: AMSEL e.V., 03.09.2020