Spenden und Helfen

Akupunktur als Kassenleistung

24.04.06 - Gesetzlich versicherte Patienten mit chronischen Rücken- oder Knieschmerzen können künftig grundsätzlich eine Akupunkturbehandlung

mit Nadeln als Regelleistung ihrer Krankenkasse beanspruchen.

Einen entsprechenden Beschluss fasste der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am vergangenen Dienstag in Düsseldorf.

„Die Akupunktur kann nun als Teil einer umfassenden Schmerztherapie von der gesetzlichen Krankenversicherung angeboten werden. Wir legen jedoch Wert darauf, dass hierbei hohe Qualitätsanforderungen erfüllt werden“, sagte der Vorsitzende des G-BA, Dr. Rainer Hess. Ein hohes Niveau der ärztlichen Qualifikation bei der Schmerztherapie habe der G-BA in seinem Beschluss ausdrücklich hervorgehoben. „Dies kommt unmittelbar den Patienten zugute.“

Echte und falsche Akupunktur

Die Entscheidung des G-BA basiert auf den Ergebnissen aus zwei Modellprojekten, bei denen die Wirksamkeit von Akupunktur zur Behandlung von Rücken-, Knie- und Kopfschmerzen in breit angelegten Studien über einen Zeitraum von fünf Jahren untersucht wurden. Den Studienergebnissen zufolge liegt die Erfolgsrate
der traditionellen chinesischen Akupunktur (TCM, „echte“ Akupunktur) bei der Behandlung von chronischen Rückenschmerzen nicht wesentlich höher als die der Schein-Akupunktur, bei der bewusst „falsche“ Punkte gestochen wurden.

Beide Akupunkturformen zeigten jedoch deutlich bessere Erfolge als die Standardtherapie. Bei der Behandlung von Schmerzen des Kniegelenkes waren die Schein-Akupunktur und die „echte“ Akupunktur in ihrer Wirkstärke in den meisten Studien annähernd vergleichbar. Beide waren zudem der Standardtherapie ebenfalls deutlich überlegen.

Große Teile der Bevölkerung leiden unter Rücken- und Knieschmerzen. Unter Multiple Sklerose-Betroffenen ist dieser Anteil vermutlich noch höher, da MS-bedingte Schonhaltungen Rückenschmerzen auslösen.

Keine Akupunktur bei Kopfschmerz

Für die Behandlung der Spannungskopfschmerzen und der Migräne wurden zwischen der Behandlung mit beiden Akupunkturformen und der Standardtherapie zur Vorbeugung dieser Beschwerden keine Unterschiede festgestellt. Für diese Erkrankung konnte die Akupunktur deshalb nicht als Kassenleistung anerkannt werden.

„Obwohl insgesamt kein eindeutiger Nachweis der Überlegenheit der „echten“ Akupunktur vorliegt, haben wir im Interesse der Patienten und mit Blick auf die Versorgungssituation in der Schmerztherapie eine positive Entscheidung getroffen.

Die Studienergebnisse zeigen, dass sowohl die „echte“ als auch die Schein-Akupunktur bei der Behandlung von Rücken- und Knieschmerzen besser hilft als die angebotene Standardtherapie. Deshalb hat der G-BA entschieden, dass Patienten die Akupunkturbehandlung als Kassenleistung erhalten sollen“, sagte Hess.

Patientenvertreter

Die Patientenvertreter sprachen sich für die Aufnahme der Akupunktur bei allen drei Indikationen in den Leistungskatalog aus, also auch bei Kopfschmerz. Nach Ansicht der Patientenvertreter sei bei allen drei Erkrankungen die Überlegenheit der Akupunktur im Vergleich zur schulmedizinischen Schmerzbehandlung nachgewiesen
worden.

Der Beschluss des G-BA tritt nach erfolgter Nichtbeanstandung durch das Bundesministerium für Gesundheit und Bekanntmachung im Bundesanzeiger in Kraft.
Hintergrundinformationen zum Thema finden Sie hier als PDF.

Hintergrund: Die G-BA

„Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA)“:
Der Gemeinsame Bundesausschuss der Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser und Krankenkassen (G-BA) ist das wichtigste Gremium der medizinischen Selbstverwaltung in Deutschland. Er bestimmt in Form von Richtlinien den Leistungskatalog
der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für etwa 70 Millionen Menschen.

Der G-BA legt fest, welche Leistungen der medizinischen Versorgung von der GKV erstattet werden. Rechtsgrundlage für die Arbeit des G-BA ist Paragraph 91 des fünften Sozialgesetzbuches (SGB V). Während das Parlament durch Gesetze den gesundheitspolitischen Rahmen der
medizinischen Versorgung vorgibt, ist es die Hauptaufgabe des G-BA, innerhalb dieses Rahmens Details für die konkrete Umsetzung in der Praxis festzulegen.

Die von ihm beschlossenen Richtlinien haben den Charakter untergesetzlicher Normen und sind für alle Akteure der GKV bindend. Bei seinen Entscheidungen berücksichtigt der G-BA den aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse und untersucht den diagnostischen oder therapeutischen Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und die Wirtschaftlichkeit einer Leistung aus dem Pflichtkatalog der Krankenkassen.

Quelle: Pressemitteilung des G-BA
amsel.de

Redaktion: AMSEL e.V., 24.04.2006