Es ist zurzeit ein heißes Thema: Man habe sich die neue zellbasierte Therapie aus der Onkologie „entliehen“, so Prof. Mathias Mäurer im AMSEL-Video. Lange schon werden CAR-T-Zelltherapien erfolgreich bei verschiedenen Blutkrebsarten eingesetzt. Nun werden auch verschiedene Autoimmunerkrankungen, darunter die MS untersucht.
CAR steht für Chimärer Antigen-Rezeptor. Dieser Rezeptor kann bestimmte Antigene erkennen. Bei der CAR-T-Zelltherapie werden T-Zellen der Patienten so verändert, dass alle den CAR tragen. In der Regel ist dieser Rezeptor gegen CD-19 gerichtet und wird auf B-Zellen exprimiert. B-Zellen spielen auch bei Multiple Sklerose eine große Rolle.
CAR-T-Zellen bei Autoimmunerkrankungen
Es ist noch nicht lange her, dass die CAR-T-Zell-Therapie das erste Mal auch bei Autoimmunerkrankungen eingesetzt wurde. Zunächst hatten Wissenschaftler aus Erlangen einen Fall mit Lupus erythematodes erfolgreich behandelt, noch dazu mit weniger Nebenwirkungen als erwartet. Seitdem ist eine größere Anzahl von Lupus-Patienten erfolgreich behandelt worden. Danach ging man Myasthenia gravis als Antikörper-vermittelte Krankheit an; auch das hat gut funktioniert.
Gegen Multiple Sklerose werden schon einige Zeit lang sogenannte B-Zell-Depletierer eingesetzt und es gibt erste Berichte auch über den Einsatz der CAR-T-Zell-Therapie. Ziel ist es, die langfristige Progression zu verhindern, d. h. gerade der Einsatz bei den progredienten Formen (primär und sekundär progredienten Multiple Sklerose). Man vermutet heute, dass die progredienten Formen bzw. der progredienten Anteil einer MS im Hirn selbst vermittelt wird. Im Unterschied zu manchen Medikamenten ist das Gehirn (und das Rückenmark) erreichbar durch T-Zellen, also auch durch CAR-T-Zellen. Und B-Zellen, die von diesen veränderten T-Zellen erkannt werden, werden auch vor Ort, also im Gehirn vernichtet.
Studienstart zu CAR-T-Zell-Therapien bei MS
Klinische Studien (Phase 2) beginnen aktuell, hier sind auch deutsche Zentren dabei. Dabei handelt es sich um sogenannte "Proof-of-Concept-Studien"; es wird also untersucht, ob das Konzept, die CAR-T-Zell-Therapie bei MS funktioniert. Hier stehen vor allem auch Sicherheitsaspekte im Fokus. Auch Kliniken in Deutschland suchen dafür Probanden. Wer sich für eine Teilnahme interessiere, so Mäurer, könne sich an das nächstgelegene Universitätsklinikum wenden und sich erkundigen, ob dort Teilnehmer gesucht werden.
Keinesfalls jedoch sollten Patientinnen und Patienten abwarten, ob und bis sie (vielleicht) in eine solche Studie mitaufgenommen werden. Sondern die heute bereits zugelassenen Wirkstoffe nutzen. Ergebnisse aus den ersten Phase-2-Studien liegen voraussichtlich in 6-12 Monaten vor (also ab Frühjahr 2025). Erst wenn diese positiv ausfallen, können Phase-3-Studien angegangen werden. Und noch ist es schwer, vorherzusagen, ob die CAR-T-Zell-Therapie bei MS funktionieren wird und, falls ja, ob sie dann eine Verbesserung zu bereits zugelassenen Alternativen darstellt.
Quelle: Video-Interview zu CAR-T-Zell-Therapie bei MS mit Prof. Mathias Mäurer, amsel.de, 13.09.20024.
Redaktion: AMSEL e.V., 13.09.2024