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"Aktuelle Entwicklungen in der MS-Therapie"

2011 war ein Jahr der rasanten Entwicklungen in der Therapie der Multiplen Sklerose. Und die wiederum standen im Fokus der AMSEL-Fortbildungsveranstaltung in Stuttgart. - Mit Fotostrecke!

110 Teilnehmer folgten der Einladung der AMSEL zur Fortbildungsveranstaltung für Ärzte ins Maritim-Hotel nach Stuttgart am 19. November 2011. Erfahrene MS-Spezialisten vermittelten kompaktes Wissen zur Früh- und Eskalationstherapie, zu neuen symptomatischen Therapiemöglichkeiten und zur Umsetzung von Leitlinien in die Praxis. - Die Fotostrecke zum AMSEL-Symposium:

Fotostrecke

5. Stuttgarter Symposium für Ärzte am 19.11.2011: "Aktuelle Entwicklungen in der MS-Therapie" standen im Fokus des 5. Stuttgarter Symposiums für Ärzte im Hotel Maritim in Stuttgart.

Die neuen Therapiemöglichkeiten bieten neue Chancen, sie bergen aber auch Risiken, die es in den kommenden Jahren genau zu beobachten gilt, schickte Prof. Dr. Horst Wiethölter, ehemaliger Direktor der Neurologischen Klinik des Bürgerhospitals im Klinikum Stuttgart, voraus.

Wie früh diagnostizieren, wie früh behandeln?

Die 2010 überarbeiteten und 2011 veröffentlichten McDonald Diagnosekriterien zur Diagnose der Multiplen Sklerose böten große Erleichterung bei der Entscheidung: MS – mögliche MS – keine MS, so PD Dr. Peter Flachenecker, der an die Stelle des erkrankten Dr. Bayas (Augsburg) eingesprungen ist. Es bleibe jedoch eine subjektive Komponente, bei der die Erfahrung des behandelnden Arztes eines große Rolle spiele.

"Und wann eine Therapie beginnen?" lautete eine Frage aus dem Publikum. Flachenecker: "Bei sicherer MS kann man bei kompletter Schubrückbildung mit der Behandlung eher etwas zögern, muss aber den Verlauf gut beobachten. Bei schlechter Remission sollte in jedem Fall behandelt werden." "Suchen Sie unbedingt das Gespräch mit Ihrem Patienten über die verschiedenen Möglichkeiten. Das ist enorm wichtig", lautete der Rat des Experten.

Eskalationstherapie wann und wie?

Es gelte abzuwägen zwischen der moderaten Wirksamkeit einer Basistherapie, die auch nach jahrzehntelanger Anwendung keine schwerwiegenden Nebenwirkungen zeigt und der hohen Wirksamkeit neuer Therapeutika mit zum Teil schwerwiegenden Nebenwirkungen, so PD Dr. Andrew Chan, Leitender Oberarzt am St. Josef-Hospital der Ruhr-Universität Bochum. Mitoxantron (Ralenova), Natalizumab (Tysabri) und Fingolimod (Gilenya) seien alles hochwirksame Therapien, alle aber auch mit hohem Risikoprofil.

Die Gefahren, die z.B. in anderen Ländern bei der Gabe von Mitoxantron beobachtet wurden, seien für Deutschland aufgrund der komplett verschiedenen Dosierungsanwendung um ein Vielfaches geringer. Die bisherigen Erfahrungen mit neuen hochpotenten Medikamenten seien in eine Risikostratifizierung für Natalizumab-Patienten und einer klar vorgegebenen Therapiekontrolle für Fingolimod-Patienten eingeflossen. "Wir müssen lernen, mit neuen Medikamenten umzugehen und ein Risikomanagement für neue Therapien entwickeln," schloss Chan.

Symptomatische Therapiemöglichkeiten

Von Anfang an gehe es neben einer Behandlung der Entzündungsprozesse auch darum, Symptome der MS zu behandeln, erläuterte Prof. Dr. Peter Rieckmann. "Oftmals sind es versteckte Probleme wie Harnwegsinfekte oder Fatigue, die den MS-Kranken weit mehr belasten." Seit 2011 sei mit dem Kaliumkanalblocker Fampridin (Fampyra) ein potentes Mittel zur Verbesserung der Gehfähigkeit zugelassen. Die Wirksamkeit sei relativ leicht durch Gehstreckenmessungen innerhalb von zwei Wochen festzustellen, so der Chefarzt der Neurologischen Klinik der Sozialstiftung Bamberg.

Für die MS-induzierte Spastik ist ebenfalls seit diesem Jahr ein cannabinoidhaltiges Mundstray (Sativex) zugelassen. Im Gegensatz zum reinen Cannabis seien darin die psychotropen Eigenschaften reduziert, während die Spastik dämmenden Eigenschaften erhalten bleiben. Ob es zudem auch Auswirkungen auf kognitive Leistungen hat, werde zur Zeit untersucht, Ergebnisse dazu würden für Ende 2012 erwartet. Neben Medikamenten sei grundsätzlich körperliche Bewegung zur Symptombehandlung zu empfehlen. Mit Sport lassen sich Funktionsstörungen verbessern.

"Neurologe als Hausarzt des Multiple-Sklerose-Patienten"

Der niedergelassene Neurologe und Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Neurologen, Dr. med. Uwe Meier erklärte: Notwendige Voraussetzung für eine gute Versorgung der Patienten seien ein zeitnahen Wissenstransfer und die Umsetzung einer leitlinienbasierten Behandlung, die umfassende interdisziplinäre, symptomatische und multimodal-multiprofessionelle Behandlung über immuntherapeutische Basis- und Eskalationstherapien hinaus sowie eine umfassende psychosoziale Beratung, Behandlung oder Betreuung. Dafür seien eine wohnortnahe, kontinuierliche fachärztliche Betreuung - "Der Neurologe ist der Hausarzt des MS-Patienten." - und die Einbindung in neurologische, interdisziplinäre und sektorenübergreifende Expertennetzwerke erforderlich. Die Veranstaltung wurde durchgeführt mit freundlicher Unterstützung durch die Firmen Almirall, BiogenIdec, Coloplast, MerckSerono, Novartis, Teva.

Redaktion: AMSEL e.V., 24.11.2011