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Sommerzeit ist Reisezeit

Das sehen Menschen mit wie ohne Multiple Sklerose so. Viele planen um Ostern herum ihren Sommerurlaub. Doch was sollten MS-Betroffene beachten? Wo übernimmt die deutsche Krankenversicherung was? - Planung ist die "halbe Miete".

Eine Auszeit, möglichst mit Tapetenwechsel, tut jedem gut. Neue Eindrücke, Ablenkung, einfach schöne und entspannte Stunden – das ersehnt sich wohl jeder von seiner Reise oder Urlaub. Doch was, wenn ich im Ausland einen Schub bekomme? Wer behandelt mich und, nicht zuletzt: Wer zahlt das?

Freilich: Jeder kann auf Reisen krank werden. Aber was ist bei einer chronischen Erkrankung? In der EU und in weiteren Staaten, mit denen Deutschland ein "Sozialabkommen" hat, kann man sich im Urlaub über die deutsche gesetzliche Krankenversicherung zwar behandeln lassen, jedoch nur nach den landesüblichen Leistungen.

Blauäugig ins Blaue ziehen?

Das heißt zum Beispiel in Dänemark derzeit – jetzt mal unabhängig von der MS –, dass man grundsätzlich mindestens 60 % aller zahnärztlichen Behandlungen selbst zahlen muss. In Finnland etwa wird für jede (zahn-) ärztliche Behandlung in einem Gesundheitszentrum eine Gebühr von etwas über 20 Euro fällig. Auch bei der Krankschreibung gilt es manches zu beachten, da sich die Gesetze innerhalb Europas, auch innerhalb der EU-Staaten teils stark unterscheiden.

Krankheitsbedingte Rückreisen werden nicht von der Krankenkasse übernommen. Und man sollte überall aufpassen, welcher Arzt einen behandelt. Der sollte eine Kassenleistung übernehmen dürfen. In vielen Ländern, so auch im Beispiel Dänemark, gibt es neben kassenärztlichen Praxen auch rein private Praxen. Also: Erstmal Versichertenkarte zeigen und nachfragen, bevor man sich behandeln lässt.

Umgekehrt, zahlt die deutsche Krankenversicherung wiederum nur bis zu dem Betrag, den sie auch bei einer Behandlung innerhalb von Deutschland übernehmen würde und nur für Behandlungen, die auch in Deutschland angeboten werden. Sollten also Augengläser in Fantasien bei nur 2 Dioptrien eine Kassenleistung sein, dann bliebe man als in Deutschland gesetzlich versicherter Patient doch auf den Kosten für die neue Brille sitzen.

Sich vorher absichern, auch für den "worst Case"

Klar, regelmäßig einzunehmende Medikamente bringt man am besten gleich mit. Einige Tipps dazu sind auch in together #02 / 2017 genannt. So sollte man beachten, dass nicht alle in Deutschland zugelassenen Medikamente auch im Urlaubsland zugelassen sind. Manche davon könnten in einigen Staaten sogar verboten sein, wie zum Beispiel Cannabinoide wie Sativex.

Doch was, wenn die Medikamente aus- oder verloren gehen? Wenn die Kühlkette unterbrochen wurde? Oft können hier die Hersteller des jeweiligen MS-Medikamentes helfen und einem sagen, ob die eigene Medikation am Reiseziel erhältlich ist. Astrid, eine reiselustige MS-Betroffene, hat sich außerdem vom Hersteller ihres Medikamentes einen Sonder-Medikamentenpass ausstellen lassen, sodass Dritte für sie Medikamente aus Deutschland ins Ausland einführen können. Das ist gewiss nützlich, zumal, wenn man für längere Zeit verreist.

Nachhaken lohnt sich

Die ganzen Fragen rund ums Reisen mit MS sind vor allem eines: nicht pauschal zu beantworten. Am besten, man geht daher vor der Reise auch den "worst Case" einmal in Gedanken durch und erkundigt sich nach den Regeln und Leistungen im jeweiligen Urlaubsziel.

Die unterscheiden sich gewaltig, je nach Urlaubsland, Kranken- und Pflegekasse. Aber nachfragen lohnt sich. So hatte Astrid nach langem Suchen und Kommunizieren mit ihrer Kasse herausgefunden, dass ziemlich viel "geht", auf Reisen mit MS. Sogar spezielle Impfungen, für die Gesunde selbst aufkommen müssen, können für chronisch Erkrankte (im Vorfeld der Reise natürlich) übernommen werden.

Wenn man nun bei der eigenen Krankenkasse anruft, um sich zu erkundigen, sollte man schauen, dass man mit der jeweiligen Fachabteilung spricht, notfalls um einen Rückruftermin bittet. Denn nicht jeder Sachbearbeiter kennt sich mit allen Reisedetails aus. Im Zweifel heißt es dann gerne mal "nein", wo ein Ja doch möglich wäre.

Und es gibt aktuell gehaltene Infos im Netz, allgemein sowie für viele Länder in Europa, an denen man sich orientieren kann. Hier hilft die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung - Ausland (DVKA). Dort finden Reiselustige sehr viele wichtige Informationen rund um die Krankheitsversicherung im Ausland als Merkblätter für einzelne Länder, sowohl, wenn man im Ausland arbeitet als auch für Urlauber. Allgemeine Infos zur Sicherheit in nahen oder fernen Ländern hält auch das Auswärtige Amt bereit und das Betanet.

Alles regeln und dann auf und davon...

Wichtig zu wissen auch, dass eine zusätzliche Auslandsreisekrankenversicherung nicht immer für chronisch an MS Erkrankte einspringt. Begründung: Die Krankheit war vorher bekannt, ein während der Reise eintretender Schub/ Nebenwirkungen nach Medikamentenwechsel etc... daher nicht auszuschließen. Das hängt sehr vom eigenen Verlauf und den individuellen Voraussetzungen ab. Außerdem wird bei der Dauer der medizinischen Versorgung im Ausland danach unterschieden, ob man zu Urlaubs-/ Erholungszwecken verreist oder etwa zum Studium oder für ein Auslandspraktikum. Auf Reisen geht es jedoch nicht nur um die Multiple Sklerose, sondern um das ganze "Paket" Krankheit auf Reisen, weswegen eine Auslandsreisekrankenversicherung auch für MS-Betroffene wichtig sein kann.

Auch Leistungen zur Pflege sind als Verhinderungspflege im Ausland möglich, allerdings nicht eventuelle Zusatzkosten, wie die Reisekosten für die pflegende Person oder höhere Pflegelöhne bei Dienstleistern vor Ort. Hier ist die Pflegekasse Ansprechpartner oder der Pflegedienst in Deutschland.

Was von den Kosten übernommen wird, sollte man besser vor der Reise klären. Und muss man doch einmal eine Arzt- oder Medikamentenrechnung selbst zahlen, dann ist es wichtig, die Belege dazu zu sammeln, um nach der Reise eine eventuelle Übernahme der Kosten durch die deutschen Krankenkassen zu klären.

Reisen mit Multipler Sklerose ist möglich. Wie so vieles bei MS bedarf es allerdings einer gründlichen Planung. Damit man am Ende ganz entspannt abheben kann in Richtung Urlaubsziel.

Redaktion: AMSEL e.V., 14.04.2022