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Lifestyle und Multiple Sklerose

Jetzt habe ich meine Erwerbsminderungsrente seit nunmehr 12 Jahren und meine MS seit fast 15 Jahren. Dabei will ich mich natürlich auf keinen Fall langweilen. Also suchte und suche ich mir immer neue Beschäftigungsfelder und krempelte und krempel immer mal wieder mein Leben um.

Ich hatte mal einen Tauchlehrer, der sagte mir immer „Daniela, egal was passiert, Hauptsache du schaust dabei gut aus“. Ich will damit nicht sagen, er meinte wenn ich absaufe, dann wenigstens hübsch angezogen, denn Kleider machen Leute. Er meinte eher, nicht ordentlich gechecktes Equipment auf keinen Fall zu benutzen, also das hoffe ich zumindest. Jetzt, wo ich das so schreibe, bin ich mir wirklich nicht sicher, wie er es meinte ;)

Naja, zumindest halte ich mich an diesen Spruch und tue ihn oft genug kund. Wer mich persönlich kennt, der kennt auch diesen Satz! ;)

Und somit kam es auch zu meinem Motto: „Wer rastet, der rostet“. Und nach dieser Leitlinie richte ich doch sehr mein Leben aus.

Massenproduktion an Deko-Artikeln

Und so suchte ich mir zu Beginn meiner Erwerbsminderung gleich mal ein paar neue Beschäftigungsmöglichkeiten und fand es mit Basteln eine lange Zeit sehr toll. Holz war mein Element und so begann ich fast eine Massenproduktion an Deko-Artikeln und nützlichen Alltagsgegenständen. Ich baute ein Puppenhaus für Erwachsene und bastelte eine Eisenbahn zusammen, letzteres aber nur weil es der letzte Wille meines Papas war.

Klettern und Bouldern hatte ich dann für mich entdeckt. Auch das kann man mit Einschränkung in seinem Tempo, mit der Kraft die man hat oder mit Hilfe von Anderen, auch Nordic Walking kam noch einige Zeit lang in Frage, wobei ich da recht schnell abbaute.

Dann musste ein Schrebergarten her, denn ich musste raus aus dem Haus in die Natur und es begann wieder wie beim Basteln. Massenproduktion von Obst und Gemüse, dieses wurde haltbar gemacht oder gleich gegessen oder gar verschenkt. Aber eben in meinem Tempo mit vielen Pausen und meine Oase der Ruhe war geboren. Es gab Zeiten, da konnte ich überhaupt nichts von alledem, weil Beine und Hände nicht funktionierten. Viele Jahre war ich dann doch wieder eingesperrt und übte eben die Funktionen, die man braucht, um mit seinen Hobbies weitermachen zu können. Die AMSEL als stärkster Anker immer dicht an meiner Seite und dieses Ehrenamt war immer irgendwie zu bewerkstelligen. Auch die regelmäßigen Treffen halfen mir immer auch über die schwersten Zeiten.

Raus aus dem Haus und unter Leute

Mit dem Dörrgerät wird inzwischen das ganze Gemüse haltbar gemacht, Schrebergarten ist nicht mehr, dieser war dann irgendwann doch viel zu viel. Aber wir haben am Haus einen großen Garten und dort wird weiter gewerkelt. Ist die Gartensaison vorbei, geht es mit Stricken weiter. Stunden vergehen hierbei und die Familie hat an Weihnachten wieder ein Paar neue Socken und Pullis. Yoga bei schlechtem Wetter zu Hause und danach einen guten Tee - auch so kann man seine Tage im Haus verbringen.

Gerne lade ich mir Gäste ein, ich finde auch immer einen Anlass. Im Sommer spielen wir das Tischkickerturnier, im Herbst gibt es eine Spaghetti-Orgie mit Frauenfilmen für die Freundinnen, im Winter dann Plätzchenbacken einen kompletten Samstag lang.

Und was wäre die Welt ohne Musik. Um die Feinmotorik beizubehalten und im Training zu bleiben, begann ich vor 4 Jahren mit dem Gitarrespielen. Und bald schon habe ich meinen zweiten Auftritt. Meine Gitarrenfreunde kommen regelmäßig zum Proben zu mir nach Hause.

Die Fühler ausstrecken für Spaß am Leben, auch ohne Arbeit

Kochen und backen sind Leidenschaften die ich schon immer hatte. Mit der MS Diagnose aber präzisierte. Erst wurde ich Vegetarier. Das war kein Problem. Durch das viele Cortison bekam ich meinen Cholesterinspiegel ganz schwer in den Griff und somit wurde aus vegetarisch 2 Jahre vegan. Das war eine umfangreichere Geschichte, denn hier muss man das Kochen in seinen Grundzügen ganz neu erlernen. Es machte mir unglaublich viel Spaß und die ganze Familie durfte daran teilhaben.

Mit meinen vielen Hobbies, bei der AMSEL, in der Politik und in der Gemeinde, im Sportverein und nun bald auch im Tierschutz wird es mir nie langweilig. Außerdem bin ich so eine kleine Alternative und Umweltschutz liegt mir auch sehr am Herzen. Dann hab ich noch einen Lesezirkel, denn auch Lesen ist meine Leidenschaft. Wir treffen uns regelmäßig und besprechen gemeinsam gelesene Bücher.

Übrigens: Mein Mann duldet meinen „Wahnsinn“ immer. Manchmal ist es sogar mit dabei!

Ich könnte ewig so weiter schreiben, denn es gibt noch viel mehr. Was ich aber sagen mag, egal wie gut oder schlecht es mir ging, mir fiel nie die Decke auf den Kopf. Ich musste mich nie langweilen. Und ich hatte auch in der schlimmsten Zeit immer Spaß an meinem Leben, ob mit Arbeit oder ohne. Ob mit viel Hobbies oder wenig, ob mit Ehrenamt oder ohne. Es findet sich für jeden das Passende, man muss nur immer die Fühler ausstrecken und im richtigen Moment „ja“ sagen!

Daniela

  • Geboren 1979, hat MS seit 2004.
  • Sie wohnt in Ettlingen, liebt Katzen und ernährt sich vegetarisch.
  • Sie ist in sozialen Netzwerken unterwegs, hat viele Hobbies und mehrere Ehrenämter.
  • Unter anderem leitet sie die AMSEL-Kontaktgruppe Ettlingen.
  • 2018 erhielt sie die Bundesverdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland.

Redaktion: AMSEL e.V., 08.11.2019