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"Kämpft für eure Träume!"

Tanja Cordewener hat seit 4 Jahren Multiple Sklerose. Und hat es in die 5. Staffel der NINJA WARRIOR GERMANY geschafft. Ein Widerspruch? Tanja erzählt im Interview, was sie stark macht.

Hallo Tanja, inzwischen hast Du bei der fünften Staffel von NINJA WARRIOR GERMANY mitgemacht. Unsere Gratulation! Die wird in Kürze ausgestrahlt [Vorrunde 3 am 16.10.20 um 20.15 Uhr auf RTL] Frage: Wie war es und wie hältst Du Dich überhaupt fit?

Vielen Dank. Um ehrlich zu sein, dass ich bei der 5. Staffel NINJA WARRIOR GERMANY dabei sein durfte, ist immer noch unglaublich! Ich bin sehr dankbar, dass ich diese Erfahrung machen konnte. Es war total aufregend und super interessant, mal hinter die Kulissen einer so großen TV-Produktion blicken zu können. Mit meinem Abschneiden bin ich nicht ganz so zufrieden, aber unterm Strich bin ich mit dem Gedanken „dabei sein ist alles“ an den Start gegangen und deswegen überwiegt auf jeden Fall die Freude. 

Fit halte ich mich bevorzugt durch Laufen. Ich versuche, 5 mal in der Woche Sport zu machen. Ob es das Laufen oder Training im Fitnessstudio ist. Ich bin bereits 3 Marathons gelaufen und plane auch für nächstes Jahr wieder einen Marathon ein. Für NINJA WARRIOR habe ich mich vor allem beim Bouldern und im Fitnessstudio vorbereitet.

Du hast die Diagnose Multiple Sklerose. Seit wann weißt Du davon und was hat das mit Dir gemacht?

Ich habe die Diagnose im April 2016 erhalten. Dadurch, dass meine Mutter schon an MS erkrankt ist, war mir die Krankheit bekannt. Es war damals natürlich ein riesen großer Schock und ich habe gerade in den ersten Tagen sehr viel geweint. Mit der Zeit habe ich aber begriffen, dass ich immer noch ich bin, auch mit Diagnose. Ich habe zum Glück eine Familie, die hinter mir steht und mich unterstützt. Zudem habe ich mir damals professionelle Hilfe gesucht und mit einer Psychotherapie begonnen.Durch die Diagnose habe ich eine andere Sicht auf das Leben bekommen. Ich schätze Dinge, die für viele selbstverständlich sind und ich kann mich auch über einfache Dinge freuen. Ich bin insgesamt viel dankbarer und schiebe Erfahrungen, die ich machen möchte, nicht auf die „lange Bank“, denn dann ist es vielleicht zu spät.

Das merkt man Dir an, dass Du zupackend bist, sonst hättest Du es bestimmt auch nicht zum NINJA WARRIOR geschafft. - Hast Du (noch) Einschränkungen von der MS? Erlebst Du Vorurteile?

Körperliche Einschränkungen habe ich zum Glück kaum noch. 2016 hatte ich eine Sehnerventzündung. Mein Gesichtsfeld ist leicht eingeschränkt und gelegentlich sehe ich immer noch Doppelbilder. Diese treten vor allem bei Hitze auf. Die größeren Einschränkungen erlebe ich durch Fatigue, kognitive Störungen und Depressionen. Regelmäßiger Sport hilft mir, diese Symptome zu verbessern. Dies ist für den ein oder anderen natürlich unverständlich. Auf der einen Seite soll ich schwer krank sein und auf der anderen treibe ich viel Sport. Sätze, die ich oft höre sind: "Stell dich nicht so an!", "Wer so fit ist, der kann keine MS haben." Früher hat mich viel Unverständnis fertig gemacht – heute weiß ich, dass viele Symptome unsichtbar und für gesunde Menschen nicht greifbar sind. Es ist wichtig, dass ich mir selber Empathie gebe und mich nicht zusätzlich unter Druck setze.

Sport wird ja bei Multipler Sklerose heute sogar empfohlen. Als Athletin bei NINJA WARRIORGERMANY, dem „wohl härtesten TV-Hindernisparcours der Welt“ aufgenommen zu werden, bleibt schon für die meisten Gesunden ein Traum. Du hast es trotz Deiner chronischen Erkrankung geschafft. Das lässt einen fast vor Neid erblassen. – Hindert Dich die MS gar nicht?

Um ehrlich zu sein vermute ich, dass ich es nicht trotz, sondern wegen der MS in die Show geschafft habe. Jedes Jahr bewerben sich mehrere Tausend Menschen für die Show. Die Erkrankung hat mir geholfen, aus der Masse hervorzustechen. So habe ich gelernt, die Erkrankung für mich persönlich positiv zu nutzen. Ich bekomme Chancen, die ich ohne die MS nicht bekommen hätte. Die Situation ändert sich nicht und so liegt es an mir, ob ich den Kopf in den Sand stecke oder das Beste aus der Erkrankung mache. 

Was ist Deine liebste Challenge und welchen Teil des Contests magst Du weniger?

Die meiste Angst hatte ich tatsächlich vor dem ersten Hindernis, da ich nicht schon bei diesem „nass“ werden wollte. Insgesamt habe ich mich als Sportler auf den gesamten Parcours gefreut.

Gibt es etwas, das Du anderen Neuerkrankten mit MS mitgeben möchtest?

Vergesst niemals, wer ihr seid – ihr habt eine Krankheit, seid sie aber nicht. Gebt niemals auf und kämpft für eure Träume! Man kann so viel mehr erreichen, wenn man fest an sich glaubt. So kann die Diagnose „MS“ ein Anfang für was Neues sein und bedeutet noch lange nicht das Ende.

Redaktion: AMSEL e.V., 07.10.2020