Die Erforschung der schleichenden Multiplen Sklerose nimmt Fahrt auf. Die ersten Wirkstoffe für den bisher kaum zu beeinflussenden "Verlauf" der MS sind bereits zugelassen, andere warten in der Pipeline.
AMSEL-Expertenchat "Therapie gegen schleichende MS"
Datum: Dienstag, 17. Juni 2025, 19 bis 20 Uhr
Experte: Prof. Dr. med. Antonios Bayas
Um immunmodulatorische, symptomatische und rehabilitative Therapiemöglichkeiten der MS geht es im Expertenchat mit Prof. Antonios Bayas. Zudem um die Diagnose und Abgrenzung der schleichenden MS von der aktiven, schubförmigen MS. Und darum, was man sonst noch tun kann, um seine Lebensqualität zu verbessern.
Die schleichenden Verläufe – besser wäre vielleicht: die schleichenden Anteile der MS-Progression – galten lange Zeit als unbeherrschbar. Kein Kraut schien gewachsen zu sein, um die langsam und schubfrei vonstatten gehende Behinderungsprogression einzubremsen. Ziel immunmodulierender Therapien in solchen Fällen waren vor allem die aufgesetzten Schübe, das akute Entzündungsgeschehen. Gegen das langsame Brodeln im ZNS, gegen die "schwelende MS" gab es kein Mittel.
Schleichende MS von Tag eins an?
Das hat sich geändert, Siponimod etwa ist gezielt für aktive, sekundär-progrediente Verläufe zugelassen, Ocrelizumab neben der RMS auch für frühe Verläufe der primär-progredienten MS. Vor allem jedoch: Das ändert sich gerade weiter. Die "Brutinibs" (als Abkürzung für Wirkstoffe, die auf "-brutinib" enden) und Vidofludimus Calcium warten in der Pipeline, um nur die zu nennen, die bereits die Phase2-Studien beendet haben.
Aber warum "Anteile" anstatt von "Verläufe"? Nun, der Blick auf die MS ändert sich aktuell. Während man früher annahm, dass sich die MS – einigermaßen – in Phasen abgrenzen ließe, also die schubförmige, gefolgt von der sekundär-progredienten MS stattfinden, mit Phasen des Übergangs, herrscht heute ein etwas anderer Blick auf das MS-Geschehen. Immer mehr Ärzte und Forscher sind der Ansicht, dass der schleichend fortschreitende Mechanismus eine MS von Anfang an begleite, auch wenn sie – zudem – von Schüben geprägt ist. Dass also ein schubförmiges und ein schleichend fortschreitendes Krankheitsgeschehen durchaus parallel zueinander ablaufen, wenngleich der schleichende Anteil zunächst weniger ausgeprägt sein mag.
"Austherapiert" gibt es nicht
Wichtig ist aber, egal, ob man (noch) Schübe hat, ob die MS aktiv verläuft oder nicht: Jede MS ist therapierbar. Keine MS ist "austherapiert". Denn neben den immunmodulatorischen Therapien gibt es noch die nicht zu unterschätzende symptomatische Therapie, rehabilitative Therapien und Lebensstilfaktoren, mit denen sich ein großes Plus an Lebensqualität erreichen lässt.
Redaktion: AMSEL e.V., 11.06.2025
