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Pilotstudie: MS-assoziierte Fatigue

In der vom "Quellenhof" durchgeführten Studie zeigte sich, dass die subjektive Selbsteinschätzung der Fatigue anhand des WEIMuS-Fragebogens sehr gut mit objektiven Aufmerksamskeitstests übereinstimmt und dass individuelles Ergometer-Training Fatigue-Betroffenen helfen kann.

Eines der wesentlichen Forschungsprojekte des Neurologischen Rehabilitationszentrums Quellenhof in Bad Wildbad in den vergangenen zwei Jahren war eine Studie zu Diagnostik und Behandlung der MS-assoziierten

Fatigue, die im Rahmen einer medizinischen Doktorarbeit in Zusammenarbeit mit der Neurologischen Universitätsklinik Rostock durchgeführt wurde.

Autor

PD Dr. Peter Flachenecker vom Neurologischen Rehazentrum Quellenhof

Suche nach einer wirksamen Behandlungsmethode

Die Fatigue, eine bisher nur unzureichend verstandene abnormal erhöhte Erschöpfbarkeit, gehört zu den häufigsten und am meisten beeinträchtigenden Symptomen der MS. Die Ursachen sind bisher nicht bekannt, ebenso wenig wie zuverlässige Methoden zur objektiven Diagnostik. Noch weniger existieren gut wirksame Behandlungsmethoden.

Ziel der Untersuchung war es, die Wirksamkeit eines individuell angepassten Ergometer-Trainings bezüglich der Fatigue zu untersuchen; zudem sollte ein objektives diagnostisches Verfahren überprüft werden.

Insgesamt erklärten sich 39 MS-Patienten bereit, an der Studie mitzuwirken. Diese litten an einer Fatigue-Symptomatik, konnten noch mehr als 100 Meter (mit oder ohne Gehhilfe) gehen und waren in der Lage, ein Ergometer-Training für 45 Minuten täglich über zwei Wochen zu absolvieren. In einem Aufmerksamkeitstest zeigte sich, dass die Reaktionszeiten der sogenannten "tonischen Alertness" sowohl zu Beginn als auch am Ende des Trainings sehr gut mit der Selbsteinschätzung der Fatigue korrelierten.

Definition

Tonische Alertness (= Allgemeine Wachheit; ermöglicht schnelles, angemessenes Reagieren): ist ein computergestützter Test zur Aufmerksamkeitstestung. Dabei wird die Reaktionszeit auf einen visuellen Stimulus (ein Kreuz, das auf dem Bildschirm erscheint) gemessen.

Selbsteinschätzungstest: die subjektive Einschätzung der Fatigue wird anhand des WEIMuS-Fragebogens (Würzburger Erschöpfungsinventar bei Multipler Sklerose) ermittelt: 17 Fragen mit einer numerischen Bewertung von "0" bis "4". Die WEIMuS- Skala zeigt gut psychometrische Eigenschaften für kognitive und körperliche Fatigue.

Ergometer-Training unterstützt den Behandlungserfolg

Die Fatigue hatte sich am Ende der Behandlung gebessert, und die Verbesserung der subjektiv erlebten Fatigue spiegelte sich auch in der Verbesserung der Aufmerksamkeit wider. Dabei hatte sich die körperliche Leistungsfähigkeit und auch die Fatigue-Symptomatik in beiden Gruppen gebessert – sowohl bei den Patienten, die regelmäßig auf dem Fahrradergometer trainierten, als auch in der Kontrollgruppe, die nur das "übliche" Rehabilitationsprogramm erhielt. Allerdings waren die Effekte deutlich größer in der Ergometergruppe. Damit steht eine gute und vergleichsweise einfach durchzuführende Behandlungsmöglichkeit für das belastende Symptom der Fatigue zur Verfügung.

Mittlerweile fanden die Ergebnisse auch Eingang in das Behandlungsangebot des "Quellenhofs": In der neuropsychologischen Abteilung wird routinemäßig die Aufmerksamkeitstestung zur Objektivierung des Fatigue-Syndroms eingesetzt, und in der physiotherapeutischen Abteilung wird ein intensives Ergometer-Training zur Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit und zur Verbesserung der Fatigue angeboten.

Quelle: Quellenhof News 01/10; PD Dr. Peter Flachenecker

Redaktion: AMSEL e.V., 16.09.2010