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Peter Rüdenauer: "Ich will mein Leben genießen"

05.06.08 - Der Rat des 61-Jährigen an andere MS-Betroffene lautet, sich mit anderen Menschen und der Welt zu beschäftigen. Lesen Sie in diesem Auszug aus Together 02/2008 wie er dies selbst umsetzt und erfahren Sie etwas über sein Leben.

Peter Rüdenauer lebt in Stuttgart-Weilimdorf. Er vereist "jedes Jahr einmal groß" und macht "ab und an Tagesausflüge" – beides jeweils mit seiner AMSEL-Kontaktgruppe, MS und Rollstuhl. Seine Motivation zum Reisen ist "FREUDE – etwas anderes erleben und sehen." erklärt er. "Ich will mein Leben genießen".

Früher, als Autohändler mit eigenem Geschäft, war Peter Rüdenauer geschäftlich viel unterwegs: St. Francisco, Los Angelos, Hollywood ("nicht meine Welt"), Florida, Californien – hat er alles schon gesehen. Doch der symphatische Frührentner ist "nicht so USA-begeistert". Zum privaten Reisen fehlte ihm meist die Zeit. Doch 4 bis 5 Mal im Jahr ging er in Österreich Skifahren - "immer nach Lech". "Ich bin ein skilaufverrückter Hund gewesen", grinst er zurückblickend.
Auch auf Kuba und der Dominikanischen Republik war er schon. Dort wollte der Autoprofi zunächst ein Fahrzeug mieten, jedoch war er so schockiert über dessen Zustand und den Fahrstil dort, dass er es dann lieber bleiben ließ.

Gruppenreisen

Heute verreist Rüdenauer nur noch gemeinsam mit seiner AMSEL-Kontaktgruppe Korntal-Gerlingen. Die Pflege übernimmt dabei entweder die Diakonie oder seine Freundin Ursula. Rüdenauer ist morgens und abends auf Hilfe angewiesen, um vom Bett in den Rollstuhl und vom Rollstuhl wieder ins Bett zu kommen.

Aufwändig sei das Reisen in der Gruppe aber nicht. "Es muss nicht viel mit", meint er: "Nur die Materialien, sonst nichts." Die Materialien sind Elektrolifter und Duschrollstuhl, die im von der Kontaktgruppe georderten behindertengerechten Bus transportiert werden. "Mir geht´s gut in der Richtung, hab halt a bissle MS, aber sonst geht´s" scherzt Rüdenauer.

Das "bissle MS" trat zum ersten Mal 1986 auf: Verdacht auf Nervenentzündung. Erst nach Kernspin und Lumbalpunktion erhielt er die Diagnose MS im September 1987. Rüdenauer war erleichtert, nicht mehr mit dem Gespenst der Unwissenheit kämpfen zu müssen. Doch seine Ehefrau, mit der er damals bereits 13 Jahre verheiratet war, warf ihn raus: "Einen Krüppel kann ich nicht brauchen". Der Freundeskreis kam mit der Diagnose ebenfalls nicht zurecht – und so stand Peter Rüdenauer plötzlich alleine da. Dazu kam, dass der Autohändler sein Geschäft verkaufen und seinen Job aufgeben musste. "Ich kann nur das", erklärt Rüdenauer, der seit seinem 22. Lebensjahr als Autohändler arbeitete. "Autos gehören zu meinem Leben dazu".

"Ich hab alles Belastende weggeworfen, nur behalten, was gut tut."

Anderthalb Jahre steckt Rüdenauer emotional "im Loch", wie er sagt. Nach einigen Umzügen, findet er schließlich eine geeignete Wohnung in Stuttgart-Weilimdorf, wo er sich auch der hiesigen AMSEL-Kontaktgruppe anschließt. Das Tief ist schließlich überwunden und Peter Rüdenauer ging gestärkt daraus hervor. "Ich hab alles Belastende weggeworfen, nur behalten, was gut tut."

Gut tut ihm seine Freundin Ursula. Und so verwundert seine Antwort "Südtirol!" auf die Frage, wo er seinen bisher schönsten Urlaub verbracht hat, nicht. Denn dort hat er den ersten gemeinsamen Urlaub mit ihr verbracht. Kurz nach ihrem Kennenlernen vor 3 ½ Jahren hatte er sie spontan eingeladen mitzureisen. Seither sind sie ein Paar. "Auch im Alter kann man sehr verliebt sein", schmunzelt der 61-Jährige.

Anderen MS-Kranken rät Peter Rüdenauer, "sich nicht nur mit Kranken, sondern auch mit Gesunden beschäftigen, um festzustellen, wie stark oder wie wenig man selbst krank ist." Außerdem empfiehlt er "sich viel mehr mit anderen Leuten - der Welt – zu beschäftigen". Sie sollten "sich viel mehr an der Welt beteiligen – rausgehen!"

Und er folgt seinem Rat auch selbst: Mit der Gruppe, der er seit 2003 angehört, reiste er bereits an die Nordsee, nach Südtirol ("Ich war auf der Zugspitze! Mit der Seilbahn!") und an den Bodensee (Langenargen, Konstanz, Blumeninsel Mainau).
Die Nordsee gefiel ihm "unheimlich gut". "Ich bin früher mehrfach auf Sylt gewesen", erzählt er. Insgesamt seien die Reisen und Ausflüge "bollestark organisiert von Frau Raichle", der Kontaktgruppenleiterin, lobt Rüdenauer.

Bereits im Juli diesen Jahres verreist Peter Rüdenauer wieder mit der Gruppe. Diesmal geht es in die Lüneburger Heide - "darauf freue ich mich schon!".

 
 Hinweis: Am 1.Juli 2008 19-20.30 Uhr können Sie Dr. Rösener im AMSEL-Expertenchat zum Thema Reisen mit MS befragen. 
 

Quelle: Together 02/2008

Redaktion: AMSEL e.V., 05.06.2008