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Neues Gesicht, neue Impulse

Im Vorstand der AMSEL seit 2021: Daniela Adomeit und Jessica Schmitt. Sie sind jung, dynamisch, motiviert und engagiert. Und trotz oder gerade wegen ihrer eigenen MS-Erkrankung möchten sie sich für andere Betroffene starkmachen.

Die langjährige Junge-Initiativen-Sprecherin und Kontaktgruppenleiterin Daniela Adomeit aus Ettlingen ist als aktive Bloggerin, Kolumnistin, Social-Media- und Werbegesicht der AMSEL bereits vielen bekannt – Jessica Schmitt, die ebenfalls schon seit 2016 Sprecherin der Jungen Initiative in Heidelberg ist, dagegen vielleicht noch nicht. Das möchte together ändern und die sympathische Sprecherin der Jungen Initiativen im Vorstand vorstellen. Jessica steht für gelebte Meinungsvielfalt und Integration. Diese Werte zum Wohl aller Beteiligten umzusetzen, ist ihr oberstes Ziel.

Soziale Verantwortung und Lebensfreude: passt zusammen!

Geboren und aufgewachsen im rheinland-pfälzischen Andernach, lebt die junge Frau seit vielen Jahren in Nußloch, einer Gemeinde im Rhein-Neckar-Kreis in Baden-Württemberg. Sie selbst beschreibt sich als „emotional, impulsiv, grundehrlich, straight und sehr analytisch“. Verheiratet ist sie mit Gregory, einem Franzosen. Die beiden haben eine vierzehnjährige Tochter, die zusammen mit dem Familienhund den Alltagstakt vorgibt.

Jessica ist inzwischen berentet und kann ihren Tagesablauf als „Spedition Mama“ auf den Stundenplan ihrer Tochter abstimmen. Die gelernte Erzieherin arbeitet auf Minijobbasis weiter für ihren früheren Arbeitgeber, eine Einrichtung für ambulant betreutes Wohnen für behinderte Erwachsene. Hier regelt sie die Kommunikation zwischen den Bewohnern, ihren Angehörigen bzw. Betreuern und den Kostenträgern. Ihr Organisationstalent, gepaart mit ihrem sozialen Engagement kommt ihr nicht nur hier, sondern auch für ihr Ehrenamt als Sprecherin der Jungen Initiative und für ihre neuen Aufgaben im Vorstand der AMSEL zugute.

Umweltschutz und soziale Probleme waren schon in jungen Jahren wichtige Lebensthemen der rheinischen Frohnatur. So hat sie der „Earth Song“ von Michael Jackson sehr geprägt und begleitet sie heute noch, unmittelbarer und noch näher an der Realität als in seiner Entstehungszeit. „Vor lauter höher, weiter, schneller geht das Soziale immer mehr verloren“, beobachtet sie als Tendenz in unserer heutigen Gesellschaft. Deshalb engagiert sich die agile Optimistin auch an ihrem Wohnort für einen Verein, der Bedürftige u.a. mit Lebensmitteln und Kleidung unterstützt.

Klare Rollenverteilung: Nebenrolle für die MS

Jessica ist viel zu beschäftigt mit dem Leben, als dass sie ihrer MS die Hauptrolle darin geben könnte. Die Krankheit bekommt ihren Raum, bei einem Schub auch mitunter etwas mehr, aber Jessi, wie Freunde sie nennen, lässt nicht zu, dass sie ihr Leben überschattet. Erste Anzeichen hatte sie 2004 registriert, ein Kribbeln in den Beinen. Ihr damaliger Chef schickte sie umgehend in die Uniklinik Heidelberg, die Verdacht auf eine entzündliche Erkrankung des Zentralen Nervensystems diagnostizierte.

Die Diagnose MS bekam die Hobby-Tischtennisspielerin nach dem zweiten Schub 2006. Ängstlich sei sie damals gewesen, aber nicht panisch. Die Tatsache, dass sie mit MS-Erkrankten arbeitete, entschärfte den Schock. Und Gregory als ihr Gegenpol, der viel mehr als sie auf der Sachebene zu Hause ist, trug ebenfalls zu einem gelassenen Umgang mit der neuen Situation bei.

Kleine Kurskorrektur in ihrer Lebensplanung: Die beiden reduzierten ihren Kinderwunsch von zwei auf ein Kind und das nach dem Prinzip: „jetzt oder nie“. Kurz darauf war sie schwanger, vier Wochen nach der Entbindung begann sie mit einer Basistherapie. Einige Jahre versuchte Jessica dann, ohne Medikation zurechtzukommen. Seit sie neuerdings aber unter nächtlichen Spastiken leidet und sich im jüngsten MRT aktive Herde zeigten, setzt sie die medikamentöse Behandlung wieder fort. Nervenschmerzen und Fatigue sind bei ihr die gängigen Symptome, im Sommer kommt das Uhthoff-Syndrom hinzu.

Das Ehrenamt für „unbezahlbare Gefühle“

Jessica stieß 2007 im Internet auf die AMSEL, nutzte die Informationsangebote und pendelte zwischen den Angeboten der Kontaktgruppe und der Jungen Initiative. Das Selbsthilfeangebot sieht sie auch heute für sich persönlich, die Mitglieder und als Aufgabenfeld für die AMSEL an allererster Stelle, „denn in der Selbsthilfegruppe gibt es Verständnis ganz ohne Worte“. Die AMSEL-Gruppen bieten ihrer Ansicht nach eine ideale Plattform für entspannten Austausch auf Augenhöhe, zugeschnitten auf altersspezifische Interessen, bei niedriger Hemmschwelle. Den Aktionstag für junge MS-Betroffene und die Familienwoche hält sie darüber hinaus für die wichtigsten Angebote für die junge Zielgruppe.

Allgemein hat sie den Eindruck, dass Selbsthilfeangebote in den letzten Jahren vielfältiger und die Organisationen offener auch für interessierte Nichtbetroffene geworden sind. Die Gruppen schaffen es immer mehr, aus der Anonymität herauszutreten. Andererseits beobachtet Jessica gerade bei den jungen MS-Betroffenen weniger Bereitschaft, sich an einen Verein zu binden. Diese „Jungen“ gilt es für die AMSEL mit geeigneten Formaten „abzuholen“ und im besten Falle für das Ehrenamt zu motivieren. Genau dazu will die passionierte Radlerin ihren Beitrag leisten, denn „es macht einfach Spaß, interessante Menschen zu treffen, sich weit über die Krankheit hinaus auszutauschen. Und es bereichert und macht stolz zu sehen, wie es anderen guttut und man Dinge gemeinsam verändern kann.“

Persönlich im Kleinen – vernetzt im Großen

Mit weiteren Ehrenamtlichen ist Jessica gerade dabei, eine überregionale Online-Vernetzung aller Jungen-Initiativen-Sprecher in Baden-Württemberg zu organisieren, um einen Austausch trotz geografischer und/ oder pandemiebedingter Distanz zu ermöglichen. Im Idealfall entstehen hier Ideen für neue Formate speziell für Jüngere, die spontan, ohne größere „Verpflichtung“ teilhaben wollen. Wobei dies nicht auf Kosten der jetzt pausierten Präsenztreffen und -veranstaltungen gehen soll. So will sie beispielsweise weiterhin gemeinsame Grillfeste der Heidelberger Gruppe mit den Karlsruher und Mannheimer AMSEL-Gruppen organisieren. Auch die monatlichen Treffen finden inzwischen, nach längerer Pandemiepause, wieder statt [Stand: Juni 2022].

Das Angebot der AMSEL sieht die neue Vorständin als sehr vielfältig und rund. Als Selbsthilfeorganisation, Fachverband und Interessenvertretung sei sie bestens aufgestellt. In ihren Augen sollte die Selbsthilfe weiterhin eine der tragenden Säulen sein – weg vom Medialen und zurück zum Sozialen im althergebrachten Wortsinn, zu mehr persönlicher Selbsthilfe, denn auch die Jungen seien der virtuellen Treffen mittlerweile überdrüssig.

Und sonst so?

Zukunftsängste wegen ihrer MS hat Jessica nicht. Sorgen macht sie sich eher um den Klimawandel und die gesellschaftlichen Entwicklungen, wie die pandemiebedingt zunehmende Isolation von Menschen in schwierigen Situationen. Doch die Welt verändert sich nicht, indem man sie betrachtet, sondern indem man Entscheidungen trifft – deswegen hat sich Jessica für das Ehrenamt entschieden, auch bei der AMSEL. Ihr nächstes, ganz privates Projekt: Urlaub auf ihrem Lieblings-Campingplatz in der Lüneburger Heide. Denn da gehen die Uhren anders, herrscht heile Welt fernab vom Alltag.

Quelle: together 01.22.

Redaktion: AMSEL e.V., 27.06.2022