Spenden und Helfen

Multiple Sklerose im Kindes- und Jugendalter (Teil 2)

Dr. Astrid Blaschek, Assistenzärztin der Kinderklinik und Kinderpoliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital der Universität München, beschreibt in Together 01/11 wie kindliche MS nach heutigem Stand diagnostiziert und therapiert wird.

Diagnosestellung und Therapie

Bei einer Verdachtsdiagnose müssen zur Sicherung im Kindesalter – entsprechend den Erwachsenen – neben der Kernspintomographie von Gehirn und Rückenmark sowie einer Lumbalpunktion (Nachweis oligoklonaler Banden als Ausdruck einer intrathekalen IgG Synthese), im Wesentlichen post- und (para-)infektiöse Erkrankungen sowie ererbte Stoffwechselstörungen ausgeschlossen werden. Diagnostisch werden wie bei den Erwachsenen die überarbeiteten Kriterien von McDonald angewendet.

In der Behandlung der MS vor dem 18. Lebensjahr gibt es weltweit keine kontrollierten klinischen Studien, so dass die Ergebnisse der Erwachsenenmedizin in Adaptation übernommen werden. Es hat in den letzten Jahren ein Wandel der Empfehlungen stattgefunden, dergestalt, dass auch im Kindes- und Jugendalter eine Stufentherapie mit Schub- und Dauermedikation gemäß den Empfehlungen der MSTKG (Multiple-Sklerose-Therapie-Konsensusgruppe), vgl. Abbildung links, empfohlen wird.

Damit steht für die Schubtherapie Methylprednisolon in gewichtsabhängiger Dosierung zu Verfügung. Eine immunmodulatorische Dauertherapie wird im Kindes- und Jugendalter mittlerweile in der Regel ab dem 2. Schub begonnen. Die zur Verfügung stehenden Interferone sowie das Glatirameracetat sind in Deutschland ab einem Alter von 12 Jahren zugelassen. Bei nicht ausreichendem Therapieerfolg kann dann eine weitere Eskalationsstufe eingeleitet werden, wobei die Auswahl unter den zur Verfügung stehenden Medikamenten (Mitoxantron, Natalizumab, Cyclophosphamid und Azathioprin) individuell zu treffen ist.

Versorgung und Forschung

Die MS im Kindes- und Jugendalter stellt eine große Herausforderung an das behandelnde Therapeutenteam dar. Die Krankheit beginnt in der mit großen psychosozialen Veränderungen einhergehenden Pubertät. Die Patienten und deren Familien benötigen nicht nur Unterstützung in den medizinischen Dingen, sondern insbesondere auch eine kompetente Beratung und Betreuung u.a. in Fragen zur Schule, Berufswahl und Freizeitaktivitäten. Mit Ende der Teenagerjahre muss dann ein Übergang in die Erwachsenenmedizin gefunden werden, der idealerweise in enger Kooperation der betreuenden Ärzte stattfindet. Im Haunerschen Kinderspital in München gibt es seit 2007 eine eigene Spezialsprechstunde für die kindliche MS, die in enger Zusammenarbeit mit der Klinik für Neuroimmunologie im Klinikum Großhadern, der Marianne-Strauß-Klinik in Kempfenhausen sowie der Deutschen Multiplen Sklerose Gesellschaft steht.

Neues Beratungsangebot der AMSEL für Familien mit MS-kranken Kindern und Jungendlichen

  • Medizinisch-pflegerische Fragen beantwortet Mechthild Zeh, MS-Krankenschwester, AMSEL-Landesverband Stuttgart, Tel.: 0711/69786-14 oder mechthild.zehamsel-dmsgde
  • Beratung in sozialen und pädagogischen Fragen bietet Monika Karl, Dipl. Sozialarbeiterin (FH) und Systemische Familientherapeutin (SG), AMSEL- Regionalstelle Nordbaden, Tel. 06221/831797 oder monika.karlamsel-dmsgde
  • Netzwerk in Baden-Württemberg geplant für Familien mit einem MS-kranken Kind. Bei Interesse an diesem Netzwerk, in dem sich betroffene Familien untereinander austauschen und sich gegenseitig unterstützen können, wenden Sie sich bitte an Monika Karl oder den AMSEL-Landesverband unter Tel. 0711/69786-0 oder infoamselde

Heute gibt es keinen Zweifel daran, dass MS im Kindesalter existiert. Sie scheint in weiten Teilen der Erkrankung des Erwachsenen zu gleichen, wenngleich Unterschiede u.a. in der Frage der Differentialdiagnosen, der Rate von männlichen und weiblichen Erkrankten – vor der Pubertät 1:1 – oder im klinischen Erscheinungsbild sowie Langzeitverlauf existieren. Zugleich bieten die sehr früh in der Kindheit erkrankten Patienten die einzigartige Chance früheste Aspekte der MS-Pathologie und die Wirkung von Umwelteinflüssen, hormonellen Faktoren sowie vererbte Risiken zu studieren.

Im 1.Teil des Beitrags "Multiple Sklerose im Kindes- und Jugendalter" können Sie noch einmal nachlesen, wann kindliche MS in der Geschichte erstmals auftrat und erfahren Wissenswertes zur klinischen Präsentation.

Quelle: Magazin Together, Ausgabe 01/11; Dr. Astrid Blaschek

Redaktion: AMSEL e.V., 10.03.2011