Maximilian Dorner
seit 2000 Autor, Regisseur und Literaturlektor
- geboren und wohnhaft in München
- Studium der Dramaturgie an der Bayerischen Theaterakademie
- u.a. Tätigkeiten als Film- und Hörspielproduzent, Theaterkritiker, Dozent und Dramaturg
- 2007 Bayerischer Kunstförderpreis für sein Romandebüt "Der erste Sommer"
- jüngste Publikation "Mein Schutzengel ist ein Anfänger" thematisiert Trost und Heilung
- www.maxdorner.de
Nach ein paar Jahren mit dieser nachtragenden und notorisch schlecht gelaunten Krankheit stellt man irgendwann verwundert fest, dass sie Teil von einem geworden ist. Nicht unbedingt der Teil, den man am meisten mag. Aber eben auch nicht mehr wegzudenken aus dem Leben. Zumal, wenn Behinderungen und Einschränkungen des Körpers einen dauernd an sie erinnern ...
Inzwischen machen mich manche Freunde hin und wieder darauf aufmerksam, dass diese Krankheit die Richtschnur meines gesamten Handelns geworden ist. Jede Distanz, jede Urlaubsreise, jede Einladung – erstmal wird alles an ihr geprüft: Schaffe ich das, halte ich das durch? Was wird sie dazu sagen? Diese Freunde spüren, dass ich mich kaum mehr traue, etwas ohne die Krankheit zu unternehmen (oder in meinem speziellen Fall: mich nicht mehr traue, etwas zu schreiben, wo sie keine zentrale Rolle spielt.) Ich bin ihnen sehr dankbar für diese Hinweise und versuche, sie nicht nur anzunehmen, sondern ihnen auch etwas abzugewinnen. Eine neue Haltung zumindest, einen frischen Blick.
"Du bist mehr als deine Krankheit, du bist Autor, du kannst über alles schreiben", sagte meine Verlegerin gestern. Dass ich aus dem Verlag mehr herausgeschwebt als gerollt bin, zeigt nur, wie Recht sie hatte ... Auf der anderen Seite wird man mit der Zeit auch lockerer, schreckt nicht mehr gleich beim ersten Anzeichen einer Verschlechterung zusammen. Selbst diese Krankheit verliert ihren Schrecken, wenn sie nah genug an einen herangerückt ist. Auch wenn ihre Drohungen immer gigantischer werden, ohne jedes Maß. Fast scheint es, als ob sie sich damit für den Bedeutungsverlust rächt.
Und noch eines: Wenn richtig ist, dass mich jeder Zusammenbruch stärker macht, jede überwundene Verzweiflungsattacke die Rüstung um mich verstärkt, dann müsste ich inzwischen so unverwundbar sein wie Batman in seinem Fledermausanzug. Vielleicht möchte ich ihn deswegen nicht mehr ausziehen.
Aber ohne wäre das Leben wahrscheinlich manchmal leichter zu bestehen. Ich werde es probieren, versprochen.
Quelle: AMSEL-Nachrichtenmagazin 02/14; Kolumne: Maximilian Dorner; Bild © Christine Schneider
Redaktion: AMSEL e.V., 05.08.2014