Spenden und Helfen

Mehr als ein Neujahrstreffen

Beim Neujahrstreffen der AMSEL stand auch der Stabwechsel in der Geschäftsführung auf dem Programm. Ivo Gönners Gastrede hielt zudem die rund 200 Gäste, darunter MS-Erkrankte, Ehrenamtliche, Unterstützer, Freunde und Geschäftspartner der AMSEL in Bann.

Begrüßung, Rückblick aufs vergangene und Ausblick auf das angebrochene Jahr gehören erwartungsgemäß zu den Punkten eines Neujahrstreffens. Gleich 2 weitere Programmpunkte machten das diesjährige Neujahrstreffen der AMSEL zu einer besonderen Veranstaltung.

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Beim traditionellen Neujahrstreffen der AMSEL standen der Gastvortrag von Oberbürgermeister Ivo Gönner aus Ulm und die Verabschiedung des langjährigen AMSEL-Geschäftsführers Adam Michel im Mittelpunkt.

In der Sparkassenakademie nahe dem Stuttgarter Hauptbahnhof vollzogen Adam Michel und Götz Zipser den offiziellen Stabwechsel in der Geschäftsführung. Und: Ivo Gönner - derzeit noch bis Februar in seiner letzten Amtszeit als Oberbürgermeister von Ulm - hielt einen mehr als hörenswerten Gastvortrag über kommunale Sozialpolitik.

"Mr. AMSEL"

Dass wir heute hier seien, so Peter Schneider bei seiner Begrüßung im Konferenzsaal der Sparkassenakademie am Pariser Platz, sei ein Zeichen auch der guten Partnerschaft mit der AMSEL. Der Präsident des Sparkassenverbandes hatte AMSEL-Schirmherrin Ursula Späth beim Bau der Akutklinik in Dietenbronn kennengelernt. Sie habe sich bei ihrem Engagement von Anfang an auf eine Konstante verlassen können, nämlich Adam Michel, der 35 Jahre lang Geschäftsführer der AMSEL war, und damit "gewissermaßen Mr. AMSEL".

Bevor Prof. Dr. Horst Wiethölter das an Angeboten vollgepackte AMSEL-Jahr 2015 Revue passieren ließ, wies der Vorstandsvorsitzende auf den Neuanfang hin, der mit der Verabschiedung Adam Michels als AMSEL-Geschäftsführer einhergeht: Er wird die AMSEL weiter unterstützen, und zwar als ehrenamtliches geschäftsführendes Vorstandsmitglied.

Kompetent und aktuell: die AMSEL-Angebote 2015

4 überregionale Veranstaltungen, 44 Fachvorträge und Seminare, 4 Broschüren sowie 3 digitale Produkte erweiterten die Angebotspalette der AMSEL im Jahr 2015. Im Printbereich kamen dazu: "Home Fitness", "Symptomatische Therapie", "Papa hat MS" und Mit Fatigue leben", zu bestellen im AMSEL-Shop.

Online untermauert vor allem der Kick-Off von www.ms-docblog.de die digitale Kompetenz der AMSEL, denn hier bloggt mit dem Ärztlichen Beirat Prof. Dr. Mathias Mäurer ein echter Neurologe. Regelmäßig berichtet der Leiter des Caritas-Krankenhauses Bad Mergentheim unter dieser Adresse über interessante Themen aus seinem Klinikalltag, etwa zum Nutzen von Kortison, und greift dazu ganz aktuelle Nachrichten auf, wie zum Beispiel den Einfluss von Melatonin auf die Multiple Sklerose. 2 weitere digitale Plattformen erfuhren Updates: So ist das beliebte Onlinetool "MS Kognition" mittlerweile auch als App fürs Smartphone zu haben. Und "MS behandeln" erreicht inzwischen als "Treating MS" auch ein englischsprachiges Publikum.

Moderne Leitern bauen - mit der AMSEL

Dass "Kommunale Sozialpolitik im Wandel" mitnichten ein trockenes Thema ist, bewies Ivo Gönner in seinem Gastvortrag. Er wolle vor allem auf den vielsagenden missverständlichen Untertitel eingehen, so der Ulmer Oberbürgermeister: "Was können wir uns zukünftig noch leisten?"

Sich etwas leisten zu können sei nicht rein finanziell zu beantworten, sondern enthalte genauso gut die Frage danach, was wir (noch) bereit sind, zu leisten, sprich zu tun. Engagement ist also gefragt, nicht nur Geld. Der OB wies auf die gute Tradition von Stiftungen vor allem in großen Städten hin: sein Vermögen einem guten Zweck zuzuführen. "Aber getragen werden sie über Initiativen aus der Bürgerschaft heraus", so Gönner weiter.

Vor den Gästen des AMSEL-Neujahrstreffens entspann der gewandte Redner das Bild der Lebensleiter. Die Menschen würden ungleich geboren und stürben ungleich "und dazwischen isch's au ned besser" ginge ein alter Spruch. Es ginge ihm auch nicht um Gleichmacherei. Entscheidend sei dennoch, die Zeit dazwischen "möglichst gut zu gestalten." Die Aufgabe bestehe darin, eine Leiter - keinen Fahrstuhl - zu bauen, damit alle die Möglichkeit haben, diese aus eigener Initiative und mit eigener Kraft hochsteigen zu können.

Und man müsse neue Leitern bauen bei Veränderungen. Gönner gab viele Beispiele für moderne "Leitern". Die Kinderförderung etwa, damit jedes Kind unabhängig von seinem Hintergrund eine Chance bekomme. Aus Altennachmittagen seien längst Generationentreffs geworden. Rollatorensportgruppen tanzten Walzer. Die Frage, was wir uns noch leisten können, sei damit beantwortet: alles.

Wichtig dabei: Die Sprossen der Leiter müssten stabil sein. Viele Akteure, viele Initiativen bildeten die Sprossen. Auch die AMSEL sei ein Teil dieser Leiter und dafür danke er.

11-Punkte-Wunschliste an Schirmherrin

Ursula Späth eröffnete die Reden zum Abschied von Adam Michel als Geschäftsführer, selten sei ihr dies schwerer gefallen, so die AMSEL-Schirmherrin. Sie erinnerte sich an eine 11-Punkte-Wunschliste Adam Michels, die er 1982 an sie hatte. Kontakte knüpfen gehörte dazu, nicht zuletzt aber auch, innerhalb von 4 Monaten 100.000 D-Mark an Spenden zu sammeln, denn der Verband stand damals kurz vor der Insolvenz. Der Umfang ihres Engagements als Schirmherrin sei damals noch nicht abzusehen gewesen.

Mit Erfolg habe sich Adam Michel 35 Jahre lang, mehr als die Hälfte seines Lebens, für die AMSEL und damit für Multiple-Sklerose-Betroffene eingesetzt. Das partnerschaftliche und seit vielen Jahren auch freundschaftliche Verhältnis zu Adam Michel hätten dazu beigetragen, dass ihr die Schirmherrschaft niemals Last, sondern immer Freude war. Nachdem Adam Michel 1982 mit einer Wunschliste an sie herangetreten sei, habe auch sie nun eine Wunschliste für ihn: So viel Gesundheit wie möglich, das richtige Maß zwischen Muße und Pflicht und dass man sich noch oft wiedersehen möge.

AMSEL ist eine "tolle Leiter"

Auch Helga Solinger, Ministerin a.D. und mittlerweile auch im Stiftungsrat der AMSEL vertreten, verbindet vieles mit der AMSEL. Der Kontakt reicht zurück bis 1984, als sie das Amt der Landesbeirätin übernommen habe. Es passe gut zur AMSEL, dass Adam Michels Abschied von der Geschäftsführung auch gleichzeitig die Begrüßung als Ehrenamtlicher sei. Beispielhaft an der AMSEL sei das Zusammenwirken von Selbstbetroffenen, Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen, oder, um es mit Ivo Gönners Worten aufzugreifen: "Es ist eine tolle Leiter." Was sie von anderen Beratern unterscheide, sei, dass sie unabhängig ist und "allein am Wohl der MS-Erkrankten und ihrer Angehörigen orientiert." Dem amtierenden Geschäftsführer Götz Zipser gratulierte die ehemalige Ministerin zu der "großen Aufgabe AMSEL".

Mehr gute Menschen für die AMSEL wie für die Gesellschaft

Peter Koch blickt ebenfalls auf eine lange gemeinsame Schaffensphase mit Adam Michel zurück. "Adam Michel hat dazu beigetragen, dass AMSEL der bedeutendste Landesverband wurde," so der ehemalige Vorstandsvorsitzende, nun Ehrenvorsitzender der AMSEL. Eine erstaunliche Leistung, zumal, wenn man bedenkt, dass dem Verband zu Beginn seiner Tätigkeit die Insolvenz gedroht hatte, wie Ursula Späth erwähnt hatte.

AMSEL sei ein Verband, der sehr viel geleistet habe, nicht nur für MS-Betroffene, sondern auch für andere Menschen mit Behinderungen. Peter Koch widersprach der aktuellen Wahl des Wortes "Gutmensch" zum Unwort des Jahres. Gutmenschen engagierten sich und stellten die eigenen Interessen zurück. "Ich hoffe, dass wir weiter viele Gutmenschen haben werden in der AMSEL, in unserer Gesellschaft," schloss der Ehrenvorsitzende.

Rolle über die Grenzen Baden-Württembergs hinaus

Auch Prof. Judith Haas, Vorsitzende des DMSG Bundesverbandes, dankte Adam Michel: Er habe "als Geschäftsführer der AMSEL nicht nur Verdienste für die AMSEL, sondern auch darüber hinaus bewirkt." "Die AMSEL kann alles", sie erreiche sogar die ganz Jungen und zeige, dass moderne Selbsthilfe nicht nur miteinander Kaffeetrinken bedeutet. Sie hoffe, "es wird immer wieder neue Mitstreiter Ihres Formats geben."

"Eine Qualitätsorganisation braucht einen Qualitätsleiter," stellte Peer Baneke, Geschäftsführer der internationalen MS-Gesellschaft, MSIF, fest. Den hatte sie mit Adam Michel, was dem MSIF-CEO bereits vor 9 Jahren schnell bewusst wurde. Damals selbst kaum einen Monat im Amt, legte man ihm nahe "Du sollst nach Deutschland gehen und du sollst zur AMSEL gehen", so der Niederländer mit dem sympathischen Akzent. Adam Michel habe immer eine Rolle gespielt auf internationaler Ebene. Ohne ihn hätte es vielleicht keinen Welt MS Tag gegeben. Und auch die jüngste internationale Fundraisingkampagne "Kiss Goodbye to MS" habe Adam Michel importiert aus Australien.

Adam Michel dankte allen Vorrednern für die Anerkennung und Zustimmung zu seiner Arbeit. Den Spruch "Verdienen komme von dienen", habe er einst in jugendlicher Rebellhaltung abgelehnt, komme jedoch zu der Überzeugung, dass er der AMSEL gut gedient habe. "Was ich weiß, habe ich von den Betroffenen gelernt. Das hat auch das ganze Team der AMSEL geprägt", so der ausgeschiedene Geschäftsführer nach 35 Jahren. Götz Zipser, dem er weiter viel Erfolg wünschte, habe er als "aufgeschlossenen, ehrgeizigen und zugewandten Kollegen" erlebt. An ihn reichte er das Wort weiter.

Selbsthilfe 3.0

"Auch 2016 wird die AMSEL hervorragende Angebote bereithalten", eröffnete Götz Zipser, der amtierende Geschäftsführer der AMSEL, den Ausblick auf das aktuelle Jahr. Neben Neuerungen im Print wie online, stellte Zipser ein Projekt in Aussicht, das er "Selbsthilfe 3.0" nennt und das eine Verbindung herstellen soll, eine Leiter um im Bild von Ivo Gönner zu bleiben zwischen der althergebrachten Selbsthilfe 1.0 und der orts- wie zeit-ungebundenen Selbsthilfe 2.0. "Zur Umsetzung brauchen wir aber auch Sie," nahm er gleich das Publikum des Neujahrstreffens in die Pflicht, bevor er die Gäste zum geselligen Essen und Plaudern einlud.

Die AMSEL dankt der Sparkasse sowie den Unternehmen Biogen und Genzyme für die freundliche Unterstützung bei der Durchführung der Veranstaltung.

Redaktion: AMSEL e.V., 19.01.2016