Was mache ich in den guten Zeiten? Genau, alles, was geht und so viel, wie geht. Ich nutze die guten Zeiten, um Material für die Schlechten zu sammeln, wie ein Eichhörnchen. Und was mach' ich in den schlechten Zeiten? Ich erinnere mich an das Schöne, was ich erlebt hatte und freue mich an kleinen Dingen, die ich erleben darf.
Es ist nicht selbstverständlich, morgens aus dem Bett zu sausen und im Badezimmer zu verschwinden. Es gab Zeiten, da hat man gewartet, bis einem jemand aus dem Bett in den Rollstuhl half, um sich dann im Bad total zu verausgaben, auch mit Hilfe.
Es ist nicht immer alles Gold, was glänzt, aber man kann, wenn man will, alles ein wenig vergolden.
Sich auf die schönen, kleinen Dinge konzentrieren
Was macht mich glücklich? Oft sind es die Kleinigkeiten die mir ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Da geht es schon los, wenn morgens die Vögel zwitschern, ich mit meinem Kaffee dasitze und zuhöre. Manchmal kann man sogar eine Unterhaltung verstehen ;)
Ich sehe die Wolken vorbeisausen oder die Sonne am Himmel stehen. Ich sehe in die Natur und stelle etwas fest, was gestern vielleicht noch nicht da war. Ich sehe Menschen, die sich begrüßen und die sich gegenseitig helfen. Ich sehe die kleinen schönen Dinge, die vor meiner Haustür passieren. Anrufe oder Botschaften von Freunden. Kleine Zettel vor der Tür, eine Sprachnachricht oder ein Anruf von Menschen, die ich gernhabe. Besuche von Freunden und Verwandten. Diesen ganzen Abschnitt in Gold habe ich erlebt und dabei das Haus noch nicht verlassen. Und wenn ich dann hinausgehe, dann häufen sich die glücklichen Momente gleich noch hundertfach.
Was ich euch damit sagen will, auch viele wunderbare Kleinigkeiten tun der Seele gut und machen uns glücklich. Man muss sie sich nur bewusst ansehen.
Endlich mal Zeit für das, was sonst zu kurz kommt
Dass was man dann schlechtes erlebt, wiegt für uns Menschen immer sehr viel schwerer, so sind wir veranlagt. Negatives kann man sich besser merken, man muss ja aus Erfahrung lernen. Aber man kann auch die schlimmen Sachen ein wenig vergolden. Man muss nicht gleich ein ganzes Goldblättchen draufpappen, ein wenig Goldpuder tut es manchmal auch. Jetzt fragt man sich, was an einem Autounfall vergoldet werden kann. Naja, wenn keiner verletzt wurde, dann ist das wirklich Gold wert.
Gerade jetzt in dieser aktuellen Lage, alle Termine fallen aus, man muss zu Hause bleiben. Die Medien berichten nur noch von einem Thema und machen einen ganz wirr. Auch hier gilt es aus der Situation etwas Gutes zu ziehen. Dann mache ich es mir eben zu Hause schön. Wer Kinder hat, hat vielleicht endlich mal richtig Zeit für die Familie. Man kann Dinge erledigen, die man gern vor sich herschiebt und nachdem man sie gemacht hat, stellt sich dieses „ich habe es geschafft“-Gefühl ein. Ich kann intensiver meinen Hobbies zu Hause nachgehen. Intensiver Musik machen, malen, zeichnen, basteln, stricken, häkeln, backen, kochen, lesen. Eben alles machen, was man gern macht und für das im normalen Alltag vielleicht keine oder nur ganz wenig Zeit bleibt.
Ich erinnere mich, als ich noch ein Kind war und wir mit der Familie Hausmusik machten. Die Eltern und Großeltern stellten sich auf ihren Urlaub ein. Alle saßen wir am Küchentisch bei Oma und jeder kramte sich aus den Schränken und Schubladen einen Gegenstand heraus und funktionierte diesen zu einem Musikinstrument um. Was man mit einem Schneebesen so alles machen kann, könnt ihr euch gar nicht vorstellen. Dabei wurde ein Krach gemacht, geklatscht, gelacht, gesungen. Das sind Kleinigkeiten, die aber schwer wiegen und in harten Zeiten denkt man an Schönes und Wunderbares zurück und schon hat man ein Lächeln auf den Lippen. Gab es bei euch auch so bleibende Momente die man sein Leben lang nicht mehr vergessen wird und die einem warm ums Herz machen? Haltet sie fest und erinnert euch viel öfter und intensiver daran.
Goldpuder tut es auch
Verbindet nun die schweren mit den schönen Zeiten. Das ist nicht immer leicht und manchmal klappt es auch überhaupt nicht. Doch im Allgemeinen ist die Welt eigentlich bunt und nicht schwarz-weiß. Man muss nur ganz genau hin sehen. Und eventuell ein wenig Glitzergold drüberstreuen.
Eure Daniela
Daniela
- Geboren 1979, hat MS seit 2004.
- Sie wohnt in Ettlingen, liebt Katzen und ernährt sich vegetarisch.
- Sie ist in sozialen Netzwerken unterwegs, hat viele Hobbies und mehrere Ehrenämter.
- Unter anderem leitet sie die AMSEL-Kontaktgruppe Ettlingen.
- 2018 erhielt sie die Bundesverdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland.
Redaktion: AMSEL e.V., 23.03.2020