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Heißer Draht zwischen "Jung" und "Alt"

Stephan Gandenberger von Moisy gehört erst seit April letzten Jahres zur AMSEL. Zwar weiß er seit 1997, dass er Multiple Sklerose hat, aber irgendwie hatte er nie das Bedürfnis zu einer Selbsthilfegruppe zu gehen, da er, wie er selbst sagt, wenig Probleme hatte, sich mit der MS zurechtzufinden. "Meine Frau hat mich wunderbar unterstützt," so Gandenberger, wie auch sein Umfeld.

Doch Gedanken macht er sich trotzdem viele. " Ich habe viel Fußball gespielt und es fällt sehr schwer, darauf zu verzichten", und auch im zwischenmenschlichen Bereich kommt es immer wieder zu Problemen, über die man offen reden muss. Gandenberger hat sich damit abgefunden, dass die MS sein Leben verändert hat. Er hat gelernt damit zu leben und das sehr gut sogar. Seit seiner Verrentung im August 1997 hat er viele andere Aufgaben innerhalb der Familie übernommen.
Er ist eher durch Zufall an die AMSEL geraten, als er im Januar 2002 einen Beitrag über junge MS-Kranke bei seinem Neurologen in den AMSEL-Nachrichten las. Der war maßgeblich für seine Entscheidung, der AMSEL beizutreten.

Bereits kurz nach seinem Eintritt in die AMSEL trat Gudrun Neuwirth auf ihn zu und fragte, ob er nicht Lust hätte, mit ihr die Gründung und dann die selbständige Leitung einer jungen Gruppe zu übernehmen. Die Idee, eine Gruppe für junge MS-Betroffene in Tübingen zu gründen, hatte die langjährige Leiterin der Kontaktgruppe Tübingen schon länger. "Es ist an der Zeit, eine Junge Ini zu gründen," so die Tübingerin. Zwar gab es in Mössingen schon eine Gruppe, die U40, doch es sollte auch direkt in Tübingen eine Junge Initiative ins Leben gerufen werden. Für Gudrun Neuwirth war Andreas Gandenberger von Moisy der richtige Mann dafür.

Warum eine junge Gruppe?
Über diese und andere Fragen diskutierten die Leiterin der Kontaktgruppe Tübingen und der 32 Jährige in langen Gesprächen. Sie erörterten Wünsche, Vorstellungen und Ziele. Einfach alle Fragen, die sich auf beiden Seiten ergaben. Gudrun Neuwirth zeigte sich in allem sehr kooperativ: " Wir machen das gemeinsam," war ihr Motto.

Für Gandenberger gibt es viele Gründe, weshalb eine junge Gruppe, sprich eine Junge Ini, für eine Kontaktgruppe so wichtig ist. Einer davon ist, dass junge MS-Betroffene ganz andere Probleme als ältere MS-Kranke haben. Sie interessieren sich für Familienplanung, Therapieformen, Arbeitsformen wie zum Beispiel Teilzeit, Verrentung und und und. Alles Themen, mit denen er sich auch auseinandersetzen musste. "Es stellen sich so viele Fragen, aber mit wem soll man sich unterhalten? Man muss viel, viel reden," so der zweifache Familienvater, der der Ansicht ist, dass viele Themen unter Gleichaltrigen viel leichter diskutiert werden können. Man ginge ja mit manchen Problemen auch nicht zu seinen Eltern. Gandenberger sieht da in vielen Fragen einfach ein Generationenproblem. "Dennoch möchte ich nicht auf die Älteren verzichten," deren Ratschläge für junge MS-Betroffene sehr wertvoll sein können.

Die ersten Gehversuche
Nachdem alles durchdiskutiert war, schaltete Gudrun Neuwirth Ende September in der Zeitung einen kleinen Aufruf für ein erstes Treffen junger MS-Kranker in Tübingen. Alle waren gespannt, ob überhaupt Interesse an einem Erfahrungsaustausch vorhanden ist. Und die Resonanz war überwältigend. Derzeit treffen sich in Tübingen regelmäßig 10 MS-betroffene junge Menschen. Doch der junge Tübinger ist sich sicher, dass es noch mehr werden werden.

Nach den ersten Veranstaltungen hat Gandenberger festgestellt, "....dass es bei Jungen ganz viele Berührungsängste gibt." Viele wollen anonym bleiben, weil sie nicht wissen, wie sie mit Ihren Problemen in die Gruppe treten sollen und sie ihre Krankheit nicht akzeptieren wollen. Hier hat sich der Tübinger vor allem eines zum Ziel gemacht.

Hilfe für Neuerkrankte als ein Ziel
Besonders Neuerkrankte sollen in der Gruppe Hilfe finden. Hilfe bei Problemen, mit denen sie selbst nicht klarkommen. Er will ihnen zeigen, dass man auch mit MS gut leben kann. "Man muss das Beste aus seinem Leben machen, so Gandenberger. Und der besten Weg dazu ist es seiner Ansicht nach, die Berühungsängste zueinander abzubauen, weil "wir sind doch alle in der gleichen Situation."

Derzeit sucht der er noch nach interessanten Themen für die Gestaltung der Gruppenabende. Zusammen mit Martina Becker, die eine junge Gruppe in Ofterdingen im Landkreis Tübingen leitet, will er Themenabende veranstalten, in denen kurze Vorträge zu einem bestimmten Thema über MS gehalten werden und über das im Anschluss diskutiert werden kann. Beide Gruppen gehören zur AMSEL, Gruppenabende werden getrennt veranstaltet, die Themenabende mit Vorträgen finden gemeinsam statt.

Gute Zusammenarbeit
"Wir sind ein Teil der AMSEL!" Darauf legt Gandenberger ganz großen Wert. Deshalb sieht er die Junge Ini auch nicht als eine eigenständige Gruppe, die ihre Veranstaltungen ohne Absprache mit der "alten" Gruppe der Kontaktgruppe macht. Vielmehr ist es für den jungen Tübinger wichtig, alt und jung zusammenzufügen, denn "wir werden auch mal alt," und stehen dann in der gleichen Situation wie viele Mitglieder der Kontaktgruppe. Grundlegend für die gute Zusammenarbeit innerhalb der Kontaktgruppe Tübingen ist, dass es von keiner Seite Akzeptanzprobleme gibt. "wir sind offen für jeden," und von der anderen Seite ist es ebenso.

Redaktion: AMSEL e.V., 24.02.2003