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Gruppentherapie per Onlinekonferenz

07.07.10 - Dass das virtuelle Modell hervorragend funktioniert, zeigte die Dänische MS-Gesellschaft auf der Jahrestagung der EMSP in Stuttgart.

Es soll Leute geben, die fürchten die Psychotherapie wie der Teufel das berühmte Weihwasser. Und dann das ganze auch noch als Gruppensitzung per Videokonferenz? Zusammen mit völlig fremden Menschen? Geht doch nicht!

Geht doch, sagt Marianne Nabe-Nielsen, Seniorpsychologin der Dänischen MS-Gesellschaft. Sie muss es wissen, denn seit Mai 2009 führt sie psychologische Gruppentherapien mit Betroffenen per Videokonferenz durch. Sowohl für MS-Patienten als auch für die Kinder MS-Betroffener. Und sie hat damit guten Erfolg.

Distanzen überwinden

Nicht nur sind die angesprochenen Menschen schlichtweg begeistert von diesem Angebot - lediglich eine einzige ältere Dame schlug das Angebot aus und zog es vor, einen Psychologen vor Ort selbst zu bezahlen. Darüber hinaus bietet diese Form der Gruppentherapie auch ganz neue Möglichkeiten. Online lassen sich nämlich große Distanzen problemlos überwinden. So kann man Menschen, die verstreut im ganzen Land leben, in einer Videokonferenz zusammenbringen. Gerade bei einer Krankheit wie MS, welche die Mobilität mitunter stark einschränkt, ist das ein großer Vorteil. Außerdem hielten die Dänischen Therapiegruppen über die einzelnen Sitzungen hinaus Kontakt, naheliegender Weise online.

Freilich sind es zwei Paar Stiefel, sich per Bildschirm zu unterhalten und sich wirklich zu treffen. Eine Einschränkung, etwa des mimischen Feedbacks oder auch von Gesten, erfuhren Teilnehmer und Psychologen indes nicht. Vielen jüngeren Betroffenen fiel es sogar leichter, in den vertrauten Wänden über sich und die eigenen Probleme zu sprechen, als gemeinsam mit Fremden in einem Raum in einer Gruppensitzung. Und die Therapeuten können sich einzelne Abschnitte nochmals in der Wiederholung ansehen, nachdem die Sitzung vorbei ist.

Nicht nur technische Lösungen

Im Dänischen Beispiel sieht der Psychologe alle andern Teilnehmer (bis zu fünf) gleichzeitig auf dem Bildschirm. Ein Downloadprogramm und temporäre Passwörter ermöglichen den Zugang. Dass dieses Angebot nicht nur technische Lösungen braucht, sondern womöglich eher generationsabhängig genutzt wird, war auch die Quintessenz des Workshops zum gleichen Thema.

Hier einigten sich die Diskutanten darauf, dass Videokonferenzen persönliche Gruppentherapien vor Ort wohl nie ersetzen könnten, jedoch eine tolle Ergänzung dazu bieten. Allerdings: Europa ist nicht gleich Europa, und so sollte man in diesem Punkt auch kleine Länder wie Malta gesondert betrachten. Eine Malteserin jedenfalls gab zu bedenken, dass die Distanzen n ihrem Land dermaßen kurz sind, dass man bildlich gesprochen eher zum Psychologen nebenan gehen würde, als sich mit ihm per Videokonferenz zu unterhalten.

Für viele größere Länder allerdings könnte das Dänische Beispiel Vorbildcharakter haben. Und genau darum geht es in erster Linie bei den jährlichen EMSP-Treffen: Sich untereinander auszutauschen und von den europäischen Nachbarn zu lernen.

Redaktion: AMSEL e.V., 07.07.2010