Spenden und Helfen

Geschichten, die nur die MS schreibt! Teil1: Wedeln mit dem Schwerbehinderten-Ausweis

In 16 Jahren mit Multipler Sklerose erlebt man so manches. Daniela hat einige ihrer Anekdoten gesammelt.

Geschichte 1: Das Battle mit der alten Dame.

Ich sitze im Zug und hatte einen ordentlichen Einkaufsmarathon hinter mir. War also froh, endlich zu sitzen. Dies tat ich auf einem Behindertenplatz.

Als eine ältere Dame den Zug betrat, wollte sie den Platz einfordern, da sie ja schwerbehindert sei. Somit begann das Duell um den Platz, was damit endete, dass wir beide mit unseren Schwerbehinderten-Ausweisen wedelten. Die Fahrgäste kicherten schon.

Neben mir saß ein junger Mann, der am lautesten lachte, den hatten wir dann beide sofort im Visier. Naja, was will man sagen, er trollte sich, die Dame nahm neben mir Platz und bis eine von uns aussteigen musste, hatten wir noch viel geplaudert und uns über uns selbst amüsiert!

Geschichte 2: Im Rolli

Ich sitze im Rollstuhl an einer Bushaltestelle, zu der Zeit rauchte ich noch. Dann kam eine ältere Dame mit Stock auf mich zu und meinte: „Ist es in ihrem Zustand gesund zu rauchen?“ Wenn man es so im Raum stehen lässt, ist es schon ein Schenkelklopfer, oder?

Geschichte 3: Wenn einen die Kraft verlässt

Was mir mit dem Rad schon passiert ist. Ich bin zu spät los gefahren und kam in die Mittagshitze, ich merkte, es geht langsam nicht mehr (Uhthoff-Phänomen). Dann hab ich mich auf dem Weg in einem Einkaufszentrum verkrochen, von dem ich wusste, es hat eine Klimaanlage. Und hab dann da meinen Nachmittag überstanden.

Das Rad hab ich allerdings stehen lassen und fuhr mit dem Taxi heim.
Handy immer einstecken für den Notfall: nicht vergessen.

Geschichte 4: Tanken mit den Hells Angels

Angekommen an einer Tankstelle, standen eine Horde Biker von den Hells Angels mit ihren Motorrädern da. Da wird es einem schon ein wenig mulmig. Aber Daniela kennt keine Scheu, fährt an die Zapfsäule, macht die Tür auf und lässt ihren Rollstuhl aus dem Auto fahren.

Dann kommt einer der Biker, ein Riese unter der Menschheit und genau so breit wie lang und sagt: „Moment junge Frau, wir helfen ihnen, was tanken sie?“ Mein Fahrzeug wurde betankt und jetzt kommt der Witz an der Geschichte. Der nächste Satz war: „Warten Sie, junge Frau, ich trage sie eben mal an den Schalter zum Zahlen.“

Wer sagt zu so einem großen Viech denn da bitte „nein“. Naja ich jedenfalls nicht und somit wurde ich einfach aus meinem Auto gepflückt und wie eine Feder in die Tankstelle getragen, dort sagte ich in schüchternem Ton, „Sie dürfen mich gern abstellen, stehen kann ich gut“!

Danach wurde ich wieder in mein Auto verfrachtet. Wir hatten ordentlich Aufsehen erregt. Damals hatte man aber zum Glück noch keine Smartphones und somit ist die Aktion bildlich nie im Netz gelandet. Hoch empört war die Gruppe, als ich meinen Geldbeutel zuckte und ihnen ein Zuckerle geben wollte. Hab ich schnell dann wieder weggesteckt.

Und so könnte ich noch Stunden kleine kurze Geschichten erzählen, die lustig sind oder ans Herz gehen. Weitere vier Anekdötchen folgen in einer meiner nächsten Kolumnen. Aber eines ist ganz klar dabei:

All das hätte ich ohne meine MS nicht erlebt!

Bleibt in Bewegung, sonst bleibt die Welt stehen und: Wer rastet, der rostet.

Eure Daniela

Daniela

  • Geboren 1979, hat MS seit 2004.
  • Sie wohnt in Ettlingen, liebt Katzen und ernährt sich vegetarisch.
  • Sie ist in sozialen Netzwerken unterwegs, hat viele Hobbies und mehrere Ehrenämter.
  • Unter anderem leitet sie die AMSEL-Kontaktgruppe Ettlingen.
  • 2018 erhielt sie die Bundesverdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland.

Redaktion: AMSEL e.V., 09.10.2020