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Alles so schön anonym hier - die Sache mit der Netiquette

In den meisten Foren ist man als Teilnehmer anonym unterwegs. Das hat bei chronischen Erkrankungen wie Multipler Sklerose viele Vorteile. Man kann sich mit Menschen austauschen, denen es genauso geht, ohne dass gleich die ganze Welt weiß, dass man MS hat.

Im AMSEL-Forum

  • fragt Nele82 beispielsweise Hannah, wie sie mit ihrer Blasenfunktionsstörung umgeht.
  • Hier unterhalten sich Horst, Petra und1forU darüber, ob und wann sie auf ihrer Arbeitsstelle sagen, dass sie MS haben.
  • Marthe erfährt von Hugo, was er gegen die Magenschmerzen, eine Nebenwirkung ihres gemeinsamen Medikamentes, unternimmt.
  • Pascal sucht andere Angehörige von MS-Betroffenen, um sich auszutauschen, wie sie mit der MS ihres Partners umgehen.

Das alles besprechen sie, ohne dass sie wissen, wer sie im wirklichen Leben sind und wie sie heißen. Geschweige denn, wo sie wohnen. Im geschützten Rahmen können Sie über intime wie allgemeine Belange ihrer Erkrankung sprechen. Geben sich Tipps und manchmal auch Trost.

Genau diese Anonymität hat jedoch auch ihre Nachteile. So kann eine Internetunterhaltung inkognito bei einigen wenigen – man nennt sie auch Trolle – dazu führen, diese Anonymität auszunutzen und andere zum Beispiel zu beleidigen. Das sind zum Glück wirklich nur ein paar wenige Menschen, die von sich aus und im Schutz der Unsichtbarkeit eines Forums auf andere losgehen.

Diese wiederum fühlen sich vielleicht provoziert und reagieren früher oder später ebenso beleidigend. Andere schalten sich womöglich hinzu, vertreten die Position des einen oder des anderen. Ruckzuck ist eine ganze Hand voll Forenteilnehmern mit einbezogen. Das ganze schaukelt sich hoch, bis irgendwann der Forenbetreiber eingreifen muss und zum Beispiel den Thread offline stellt.

Don't feed the troll

Das muss nicht sein. Es gibt eine fast schon genial einfache Lösung. Die beste Reaktion, wenn man unfair angegangen wird in einem Forum, ist es nämlich, schlicht zu schweigen. Don't feed the troll, zu deutsch "Den Troll bitte nicht füttern". Kann sein, der Troll kartert noch etwas nach, nach dem Motto "Jetzt ist Carsten aber sprachlos." oder "Wer nicht antwortet, hat Schuld." Meist aber passiert gar nichts. Der Troll hat sich getrollt. Mission erfolgreich.

Das ist auch logisch. Schließlich geht es den Aufwieglern und Beleidigern unter den Forenteilnehmern darum, sich an anderen zu messen. Reagieren diese nicht, dann wird es für sie schnell langweilig.

Das ist die allererste und vermutlich wichtigste Regel der Netiquette in einem Internetforum. Wer Änderungen an einem Thread möchte, wendet sich am besten an den Betreiber des Forums oder direkt an die Onlineredaktion.

Beim Thema bleiben

Klar ist außerdem, dass Foren ein bestimmtes Thema haben. Im Multiple Sklerose Forum der AMSEL ist das, schwer zu erraten, Multiple Sklerose. Das Forum hat den Zweck dieses Themas und sollte nicht für andere Zwecke genutzt werden.

Wer wissen möchte, wie man einen Airbag in einen alten R4 einbaut, der sucht besser ein Autobastlerforum auf. Auch die deutsche Parteienlandschaft oder religiöse Konfessionen haben in einem Multiple Sklerose Forum wenig zu suchen. Regel Nummer zwei also: Immer schön beim Thema bleiben. Schweift eine Diskussion mal unversehends ab, dann sollte man sich auf seine Metaebene beziehen und genau das anmerken "Wir schweifen ab." – und die Unterhaltung in Foren mit diesem Zweck fortsetzen.

Werbung kostet

Selbstverständlich ist ein Forum für MS-Betroffene nicht der Ort, Werbung für das Café seiner Schwägerin zu machen, für ein bestimmtes Medizinprodukt, für die eigene Dienstleistung in Sachen Coaching etc. Wer kommerzielle Werbung online auf amsel.de platzieren möchte, der wendet sich bitte an die AMSEL.

Aber auch nicht oder nicht direkt kommerzielle Werbung, etwa für eine andere Seite oder für die Teilnahme an einer Online-Umfrage, ist von Seiten des Betreibers nicht erlaubt. Am besten denkt man darüber nach, ob ein Link werbenden Charakter hat, bevor man ihn setzt. Im Zweifel wendet man sich bitte an die AMSEL-Onlineredaktion.

Nicht online streiten

Die AMSEL-Onlineredaktion empfiehlt allen Forenteilnehmern, niemals mit Klarnamen, also ihren richtigen Namen am Forum teilzunehmen, sondern immer einen erfundenen sogenannten Nickname zu nutzen.

Außerdem sei allen wärmstens ans Herz gelegt, nichts Persönliches, das auf die tatsächliche Identität rückschließen lässt, online, sei es im AMSEL-Forum oder an anderer Stelle, zu veröffentlichen. Manchmal erhitzen sich die Gemüter, ganz ohne dass man zu den sogenannten Trollen gehört (siehe oben). Hier gilt: niemals einen Streit online austragen, auch wenn der Betreiber nicht einschreitet.

Das Geschriebene können alle Menschen mit Internetzugang lesen, womöglich bleibt es eine ganze Zeit lang online stehen und wird auch noch in anderen Plattformen geteilt. Eine solche Streitdokumentation – das kann keiner wirklich wollen. Floskeln wie: „Hier gäbe es noch viel zu sagen, aber sicher nicht online," sollten eine solche Diskussion beenden. Können und wollen die Beteiligten ihren Disput dennoch ausführen, sollten Sie versuchen, aufs Private auszuweichen, die Sache persönlich und ohne Beteiligung der Öffentlichkeit zu  klären.

Graubereich

Natürlich gibt es, wie fast überall im Leben, auch einen Übergangsbereich, einen grauen Bereich. Da ist nicht klar, ob ein Link auf ein bestimmtes Rollstuhlmodell nun werbenden Charakter hat oder einfach nur ein Tipp ist unter Betroffenen. Ab wann wird aus einer hitzigen Diskussion ein beleidigender Verbalaustausch? Oder sind das "alte Bekannte" im Forum, die sich untereinander einfach einen raueren Ton angewöhnt haben, der sie nicht wirklich stört? Da wird auch mal eine andere Seite verlinkt, die spezielle Rezepte für Entzündungskrankheiten anbietet. Oder erwähnt, dass einem der Glaube beim Verabreiten der MS hilft. Dass Partei XY die Integration behinderter Menschen fördert. Das bleibt immer Abwägungssache. Eventuell schreitet der Betreiber ein, vielleicht auch nicht. Es liegt in seinem Ermessen.

Ganz sicher wird und muss der Betreiber einschreiten, wenn die Grenze zur Illegalität, zum Beispiel zur Verleumdung, überschritten wird. Etwa mit Falschaussagen wie "Das Medikament XY hat in Tests bei 90 % rosa Punkte auf der Haut hervorgerufen", wenn das nicht erwiesen ist (und "erwiesen" heißt in diesem Fall nicht, dass es bereits irgendwo im Netz steht, sondern dass man die Quelle geprüft hat). Was anderes ist es, wenn man von sich persönlich berichten kann, dass man nach der Einnahme von Medikament XY bei sich selbst rosa Punkte auf der Haut entdeckt hat. Allerdings gehört eine solche (mögliche, aber nicht erwiesene Nebenwirkung ; es kann ja auch mit etwas anderem zusammenhängen) als erstes dem Arzt und evtl. unter Nebenwirkungen.de gemeldet. Danach kann man sich überlegen, ob man etwas dazu in einem Forum postet.

Hier braucht es gar keine speziellen Forumsregeln und keine Netiquette: Hier gilt das Bürgerliche Gesetzbuch, im virtuellen Raum wie außerhalb. Am besten, man verhält sich in diesem Bezug so, als wäre man gar nicht anonym angemeldet und macht sich bewusst, dass Beiträge in einem offenen Forum eine Veröffentlichung darstellen. Also: Immer schön bei der Wahrheit bleiben.

Die AMSEL-Onlineredaktion bedankt sich bei allen Forenteilnehmern, die einen fairen Umgang miteinander und gegenüber dem Seitenbetreiber pflegen. Je weniger wir im Forum eingreifen müssen, desto mehr können sich die Mitarbeiter der AMSEL um ihre eigentliche Arbeit kümmern, zum Beispiel Betroffene beraten oder Texte wie diesen hier schreiben.

Redaktion: AMSEL e.V., 22.10.2019